
Am 8. April 2025 fand in der Stadtbibliothek von Rathenow ein aufschlussreicher Vortrag von Alexej Hock, einem Investigativ-Reporter, statt. Der Vortrag war Teil der Reihe „Correctiv auf Tour“ und hatte das Thema: „Wie Putin Europa angreift“. Hock machte deutlich, dass Deutschland im Fokus von Russlands verdecktem Krieg und hybrider Bedrohung steht. Seiner Meinung nach hat die Zunahme von Desinformation und Einflussnahme in Deutschland alarmierende Ausmaße erreicht. Er verknüpfte dies mit historischen Faktoren, einschließlich des Zweiten Weltkriegs und der DDR-Zeit, die den russischen Fokus auf Deutschland heute beeinflussen.
Besonders auffällig ist die Rolle einer Community aus Spätaussiedlern und Russlanddeutschen, die laut Hock häufig Pro-Putin-Stimmen vertreten. Hock, der auch persönliche Erfahrungen in seine Analysen einfließen lässt, da seine Mutter Russin ist, machte erneut auf die verschiedenen Facetten hybrider Bedrohungen aufmerksam, zu denen Cyberattacken, Sabotage, Anschläge, Desinformation und wirtschaftlicher Druck gehören. Zuvor hatte Hock bereits umfassend zu den Ostsee-Pipelines Nord-Stream 1 und 2 recherchiert.
Hybride Bedrohungen und deutsche Sicherheitslage
Hock betonte die Dringlichkeit journalistischer Arbeit, um die Komplexität dieser Bedrohungen zu klären. Diskutiert wurde auch der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und die Rolle der USA dabei. Während des Vortrags äußerten Zuhörer verschiedene Meinungen, wobei einige eine anti-amerikanische Haltung zeigten. Hock stellte zudem Vermutungen zu russischen Spuren bei verschiedenen Vorfällen an, einschließlich Spionage-Drohnen über Bundeswehr-Objekten und einem Brand in einem DHL-Frachtzentrum. Begriffe wie „Wegwerf-Agenten“ und „Schattenkämpfer“ fielen in diesem Kontext.
In einem weiteren Zusammenhang hat der Schutz kritischer Infrastruktur an Bedeutung gewonnen. So wurde hinsichtlich eines kürzlich beschädigten Glasfaserkabels zur Datenübertragung zwischen Schweden und Lettland über hybride Angriffe im Auftrag Russlands spekuliert. Über dies sprach nicht nur Hock, sondern auch Bundeskanzler Olaf Scholz bei einem Treffen mit der dänischen Ministerpräsidentin Mette Frederiksen in Berlin. Scholz unterstrich, dass die NATO ein Garant für Sicherheit sei, während Frederiksen ein starkes und entschlossenes Europa zur Selbstverteidigung forderte. Diese Äußerungen fügen sich nahtlos in die Entwicklung sicherheitspolitischer Strategien innerhalb der NATO und der EU ein, die seit den Spannungen mit Russland nach der Krim-Annexion 2014 intensiviert wurden.
Strategische Antworten der EU und NATO
Im Rahmen der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft wurde der Schwerpunkt auf hybride Bedrohungen in der Außen- und Sicherheitspolitik gelegt. Insbesondere zwei Vorhaben aus dem Strategischen Kompass vom März 2022 wurden beschleunigt. Hierzu zählen die Erstellung der EU Hybrid Toolbox zur Abwehr hybrider Bedrohungen sowie die EU Foreign Information Manipulation and Interference Toolbox gegen Desinformation. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, die Reaktion der EU auf ausländische Einmischung und hybride Angriffe zu verbessern.
- Wichtigste Punkte zum strategischen Vorgehen der EU:
- Stärkung nachrichtendienstlicher Auswertungskapazitäten im Europäischen Auswärtigen Dienst.
- Investitionen in nachrichtendienstliche Früherkennung und strategische Kommunikation durch die NATO.
- Schaffung von Abwehrmaßnahmen gegen hybride Bedrohungen seit 2014.
- Koordinierte Antworten auf hybride Angriffe durch ein 2016 verabschiedetes „Playbook“.
Die Komplexität hybrider Bedrohungen erfordert eine differenzierte Betrachtung, ebenso wie klare Strategien und Definitionen, um diese effektiv anzugehen. Darüber hinaus wurde betont, dass es an einer kohärenten nationalen Sicherheitsstrategie in Deutschland mangelt. Ein bedenklicher Mangel an klaren Verantwortlichkeiten und institutionellen Strukturen macht die Bekämpfung hybrid-bedrohter Angriffsszenarien umso herausfordernder.
Insgesamt zeigt sich, dass sich die sicherheitspolitischen Herausforderungen in Europa im Angesicht hybrider Bedrohungen verstärken und das Bewusstsein für deren Auswirkungen auf die öffentliche Ordnung sowie die nationale Sicherheit wächst. Der Austausch zwischen verschiedenen Akteuren, wie in Rathenow, wird daher zur Notwendigkeit für den gesellschaftlichen Diskurs.