
Regina Nüßgen ist eine beeindruckende 75-jährige Frau, die tiefgreifende Erfahrungen mit der Organspende gemacht hat. Als ehemalige Lehrerin für Russisch, Französisch und Geografie hat sie nicht nur Wissen vermittelt, sondern auch selbst eine Lektion über das Leben gelernt. Seit fast 55 Jahren ist sie mit ihrem Ehemann Frieder verheiratet und erlebte in dieser Zeit zahlreiche Herausforderungen, insbesondere im Jahr 1996. Damals kämpfte sie gegen eine rasant fortschreitende Hepatitis-B-Infektion, die ihre Gesundheit dramatisch beeinträchtigte. Innerhalb kurzer Zeit fühlte sie sich schlapp, und das Essen wurde ihr unmöglich. Ihre Diagnose war alarmierend: eine schwere Leberentzündung, die eine Transplantation erforderte.
Dank der schnellen medizinischen Intervention und der bereitwilligen Spenderin, die ihr Organ zur Verfügung stellte, gelangte Regina Nüßgen in die Charité in Berlin. Die Leber wurde innerhalb von 24 Stunden vor Silvester 1996 transplantiert, und somit wurde ihr Leben gerettet. Diese dramatische Episode, die sie mit nur 46 Jahren erlebte, hat ihr Verhältnis zur Organspende für immer verändert. „Ich empfinde tiefste Dankbarkeit gegenüber dem Spender und den Ärzten“, sagt sie heute, fast 30 Jahre nach ihrer Transplantation.
Ein Leben nach der Transplantation
Weniger als ein Jahr nach der Transplantation konnte Regina Nüßgen wieder im Klassenzimmer stehen und ihre Schüler unterrichten. Mit 60 Jahren ging sie in Rente und nutzt ihr Leben mittlerweile aktiv. Sie pflegt Hobbys und nimmt regelmäßig an Aktivurlauben teil. Ihre Erlebnisse nach der Transplantation ließen sie nicht nur als Person wachsen, sie haben sie auch dazu inspiriert, eine Selbsthilfegruppe für Lebertransplantierte zu leiten.
Allerdings sieht Regina Nüßgen nicht nur positive Aspekte in ihrem Lebensweg. Sie kritisiert die weit verbreitete Stille und das Tabu rund um das Thema Organspende. „Es wird häufig verdrängt“, gibt sie zu bedenken. Trotz zufriedener Erfahrungen plädiert sie für mehr Aufklärung, insbesondere für Schüler und Jugendliche. Ihre Vorschläge beinhalten beispielsweise die Verteilung von Flyern mit persönlichen Schicksalen in Arztpraxen.
Das Organspenderegister: Ein Schritt in die richtige Richtung
Ein Lichtblick für die Organspende in Deutschland ist das 2024 eingeführte Organspenderegister. lebertransplantation.eu berichtet, dass das Register am 18. März 2024 seinen Betrieb aufnahm und eine zentrale Rolle bei der Verbesserung der Entscheidungsprozesse bei Organspenden spielt. Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach hebt hervor, wie wichtig dieses Register für die Entlastung von Ärzten und Angehörigen ist. Gleichzeitig erfüllt das Register hohe Datensicherheitsanforderungen und wird kontinuierlich überwacht.
Im ersten Schritt ermöglicht das Register den Nutzern, ihre Erklärung zur Organ- und Gewebespende online zu hinterlegen. Ab dem 1. Juli 2024 sollen Entnahmekrankenhäuser auf diese Informationen zugreifen können. Das Bundesministerium für Gesundheit betont, dass die im Register hinterlegten Daten sicher sind und nur berechtigten Personen zugänglich sind. Dies könnte dazu beitragen, das Vertrauen in den Prozess der Organspende nachhaltig zu stärken.
Herausforderungen und Lösungen
Trotz der Fortschritte, die das Organspenderegister mit sich bringt, bestehen nach wie vor Herausforderungen. Regina Nüßgen äußert Bedenken zum Misstrauen in die Kontrolle des Hirntodes, das unter vielen Menschen verbreitet ist. Sie ist eine Befürworterin der Widerspruchslösung, die in vielen EU-Ländern Anwendung findet. Dies könnte, gemäß ihrer Meinung, die Situation in Deutschland signifikant verbessern. In Spanien beispielsweise ist die Zahl der verfügbaren Organe deutlich höher als in Deutschland. Momentan benötigen bundesweit 8.500 Menschen eine Organspende, doch im Jahr 2022 gab es nur 900 Spender.
Regina Nüßgen ist eine lebende Erinnerung daran, wie wichtig die bereitwillige Entscheidung für die Organspende ist. Ihre Geschichte und ihre Stimme sind essenziell für das dringend notwendige Bewusstsein und die Akzeptanz, die die Gesellschaft für das Thema Organspende braucht, um die Anzahl der Spender zu erhöhen und somit Leben zu retten.