
Im malerischen Torgau, im Landkreis Nordsachsen, finden sich nicht nur historische Stätten, sondern auch lebendige Wohnkonzepte, wie das Schloss Triestewitz, das seit 30 Jahren von Manfred (77) und Monika (73) Pawlik bewohnt wird. Dieses stattliche Bauwerk war einst ein Landsitz derer von Stammer und erlebte nach dem Zweiten Weltkrieg eine bewegte Geschichte. Der letzte adelige Hausherr, Baron Arndt von Stammer, wurde 1945 von den Russen vertrieben, und das Anwesen verfiel bis in die 1990er Jahre zusehends.
„Als ich das Schloss 1994 während einer Autofahrt entdeckte, wusste ich sofort, dass ich hierherziehen wollte“, erzählt Manfred Pawlik. Damals war das Gebäude in einem desolaten Zustand und Fachleute schätzten, dass es nur noch fünf Jahre vor dem Einsturz stand, so stark war das Mauerwerk beschädigt. Eine Spezialfirma wäre erforderlich, um das Fundament durch Hochdruckbetonierung zu stabilisieren. Doch die Pawliks setzten sich durch und benötigten drei bis vier Jahre, um das Schloss mit rustikalen Möbeln aus Europa einzurichten.
Das Leben im Schloss
Die große Wohnfläche von fast 1200 Quadratmetern und die beeindruckenden Deckenhöhen von 3,60 Metern bringen sowohl Vorteile als auch Herausforderungen mit sich, insbesondere bei den Heizkosten im Winter. Der Familienbetrieb umfasst nicht nur die Pawliks, sondern auch deren Sohn Michael, Schwiegertochter Nicole und deren Kinder sowie eine ukrainische Flüchtlingsfamilie.
Michael Pawlik führt ein Ingenieurbüro für Hochbau im Schloss, was die multigenerationale Wohnsituation unterstreicht. Auch das Hotel, das in den ehemaligen Zimmern untergebracht ist, hat bereits namhafte Gäste empfangen, unter anderem einen russischen Kosmonauten und einen saudischen Prinzen. Die meisten Gäste kommen über Buchungsportale, häufig aufgrund von Geschäfts- oder Veranstaltungsterminen in der Umgebung, was einen seit 2018/19 merkbaren Rückgang des Radtourismus in der Region nicht ganz ausgleichen kann.
Reparaturen und Geheimnisse
Reparaturen bleiben ein ständiges Thema im Schloss, das 1758, nach einem verheerenden Brand, neu errichtet wurde. Kürzlich haben die Pawliks eine Terrasse und einen Kinderspielplatz im Außenbereich gebaut. Im Inneren des Schlosses ranken sich Geschichten über einen angeblichen Geheimgang. Eine Kellernische wurde 1996 untersucht, jedoch wurde kein solcher Verbindungsgang gefunden. Manfred zeigt sich froh darüber, dass der Grundriss des Schlosses aus dem 16. Jahrhundert stammt, da spätere Schlösser oft höhere Decken hatten.
Die spannende Entwicklung von historischen Gebäuden ist nicht nur in Torgau bemerkenswert. In Berlin wird derzeit das denkmalgeschützte Bürgerschloss Hohenschönhausen umfassend saniert, um einen kulturellen Veranstaltungsort zu schaffen. Hier sind die Eigentümer, die Wohnungsbaugenossenschaft „Neues Berlin“, seit 2021 aktiv geworden, um die Geschichte des Gebäudes, das bis ins 15. Jahrhundert zurückreicht, neu zum Leben zu erwecken. Diese Sanierung, die auch eine Lehmabdichtung zur Verbesserung des Feuchtigkeitsschutzes umfasst, wird voraussichtlich bis 2026 dauern und hat ein Budget von etwa 2,6 Millionen Euro, teilweise aus öffentlichen Fördermitteln finanziert.
Besonders bemerkenswert ist, dass auch im Bürgerschloss Hohenschönhausen die Bausubstanz als positiv eingeschätzt wird und 90 Prozent wiederverwendet werden sollen, was zeigt, dass die Erhaltung dieser historischen Gebäude sowohl eine kulturelle Verantwortung als auch eine praktische Herausforderung darstellt.
Wie das Schloss Triestewitz, erzählt das Bürgerschloss in Hohenschönhausen viel über die Vergangenheit und die daran geknüpften Hoffnungen auf eine lebendige Gegenwart. Beide Orte spiegeln den Wert der Renovierung und Wiederbelebung historischer Architektur wider, während sie gleichzeitig den Menschen einen neuen Lebensraum schaffen.