
Im heutigen Prozess um die Umsturzpläne in Deutschland und die spektakuläre Entführung von Gesundheitsminister Karl Lauterbach sind vier Rädelsführer zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Der Haupteingeklagte Sven Birkmann aus Falkensee wurde gemeinsam mit drei weiteren Männern im Alter von 46 bis 58 Jahren sowie einer 77-jährigen Frau zu Freiheitsstrafen verurteilt, die zwischen fünf Jahren und neun Monaten sowie acht Jahren liegen. Ein fünfter Angeklagter erhielt eine Strafe von zwei Jahren und zehn Monaten und war als einziger nicht in Untersuchungshaft, wie maz-online.de berichtet.
Die Verurteilungen stehen im Kontext einer als „Vereinte Patrioten“ bezeichneten Terrorvereinigung, deren Mitglieder laut Anklage Pläne zur Absetzung der Regierung und zur Einführung einer neuen Führung entwickelten. Ziel war es, die Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen und eine neue Ordnung basierend auf der Verfassung des Kaiserreichs von 1871 einzuführen. Geplante Aktionen umfassten unter anderem Sprengstoffanschläge zur Zerstörung der Stromversorgung und die Entführung von Lauterbach aus einer Talkshow. Die 77-jährige Frau gilt als „politische Vordenkerin“ der Gruppe und fiel durch ihre Verschwörungstheorien auf, die sie im Reichsbürger-Milieu äußerte.
Der Prozess und die dunklen Machenschaften
Der Prozess, der am 17. Mai 2023 begann und fast zwei Jahre dauerte, umfasste 106 Verhandlungstage und 38 Zeugen, unter ihnen fünf Sachverständige. Ein verdeckter Ermittler spielte eine entscheidende Rolle bei der Festnahme, indem er einem der Angeklagten Waffen zum Kauf anbot. Die Gruppe hatte sich klare Ziele gesetzt: Ein Schauspieler sollte im Fernsehen die Absetzung der Bundesregierung verkünden. Ermittlungen zu den „Vereinten Patrioten“ deckten auch Verbindungen zu der Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß auf, die ebenfalls einen Umsturz plante.
Am 7. Dezember 2022 stürmten Spezialkräfte der Polizei ein Haus in Frankfurt, um Prinz Reuß und 26 weitere Beschuldigte festzunehmen. In diesem Zusammenhang wird ihnen die Gründung und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen. Insgesamt sind 69 Personen als Beschuldigte registriert, und die Ermittlungsakten umfassen mehr als 425.000 Seiten. Reuß soll sich mit einem Seher und einer Astrologin umgeben haben, die Mitglieder für seine Gruppe rekrutierten. Unter den Rekrutierten befand sich auch die ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann.
Rechtsextremismus in Deutschland
Die Pläne der Gruppen sind alarmierend. Ermittler fanden Hinweise auf paramilitärische Strukturen und den Aufbau von „Heimatschutzkompanien“. Ein aktiver Bundeswehrsoldat war an den Planungen beteiligt und besaß Materialien zur Organisation dieser Einheiten. Verbindungen zur rechtsextremen Szene, darunter ein ehemaliger KSK-Soldat, der einen Sturm auf den Bundestag plante, wurden ebenfalls festgestellt. Diese Entwicklung zeigt, dass die Bestrebungen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung ernst zu nehmen sind und dass ausreichende Maßnahmen getroffen werden müssen, um solche Pläne zu verhindern.
Die Situation wird durch die wachsende Zahl rechtsextremistischer Straftaten und Personen verschärft. Im Jahr 2023 wurden 25.660 rechtsextremistische Delikte registriert, die eine alarmierende Zunahme um 22,4 % im Vergleich zum Vorjahr darstellen. Die Zahl der gewaltorientierten Rechtsextremisten in Deutschland wird derzeit auf etwa 14.500 geschätzt, was auf einen besorgniserregenden Trend hinweist. Die Anzahl der rechtsextremistischen Demonstrationen erreichte 2023 mit 367 den höchsten Stand seit den Corona-Schutzmaßnahmen, was die Dringlichkeit der staatlichen Reaktion unterstreicht, die auch durch den Verfassungsschutz dokumentiert ist.