
Die politische Diskussion um die Neutralität zivilgesellschaftlicher Organisationen hat in den letzten Tagen an Schärfe gewonnen. Zwei Tage vor der Bundestagswahl reichte die CDU eine umfangreiche Anfrage im Bundestag ein, die sich mit der politischen Neutralität von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) beschäftigt. Laut dem Bericht des Weser-Kuriers umfasst dieser Fragenkatalog ganze 551 Fragen und wurde von der Unionsspitze, Friedrich Merz und Alexander Dobrindt, unterzeichnet. Die Union erkundigt sich hier konkret zu Organisationen, die mit Bundesmitteln gefördert werden, darunter prominente Akteure wie Greenpeace, BUND, Attac und Kampagnenorganisationen wie Campact.Weser-Kurier berichtet, dass diese Anfrage nicht nur politische Ziele verfolgt, sondern auch die Zivilgesellschaft in ihrer Arbeit unter Druck setzen könnte.
Unmittelbar auf die Anfrage reagierten mehrere Bremer Organisationen. Michael Riechers von Greenpeace Bremen äußerte, dass die Anfrage die Entschlossenheit zur Bekämpfung von Rechtsextremismus sogar noch verstärken könnte. In ähnlicher Weise kritisierte Martin Kaiser, der geschäftsführende Vorstand von Greenpeace Deutschland, die Anfrage als einen Versuch, die Zivilgesellschaft einzuschüchtern. Bernd Quellmalz, der Sprecher des BUND Bremen, zeigte sich besorgt über die möglichen Auswirkungen der Anfrage auf die demokratischen Strukturen und berichtete, dass die Bremer CDU auf Fragen des BUND keine Rückmeldung gegeben habe. Gleichzeitig betonte Olaf Bandt, der Bundesvorsitzende des BUND, dass keine Fördergelder für die Teilnahme an Demonstrationen verwendet würden.
Politische Reaktionen und Kontroversen
Die Anfrage wird jedoch nicht nur von den Betroffenen, sondern auch von politischen Akteuren kritisiert. Lars Klingbeil, der SPD-Chef, nannte die Anfrage ein „Foulspiel“ und verwies auf den Widerspruch zu den bevorstehenden Koalitionsverhandlungen mit der CDU. Das politische Klima rund um die Anfrage ist angespannt, besonders in Anbetracht der Proteste, die von vielen der angefragten Organisationen unterstützt wurden. Die Union wird vorgeworfen, dass sie mit dieser Anfrage die öffentliche Förderung von Organisationen in Frage stellt, die sich aktiv gegen Rechtsextremismus einsetzen und sich für Klimaschutz sowie Demokratiearbeit engagierentaz.
In der Bremer NGO-Szene wird die Anfrage als Teil eines größer angelegten Angriffs auf die Zivilgesellschaft gewertet. Die Initiative Campact reagierte umgehend mit einer Petition, die in kürzester Zeit rund 160.000 Unterschriften sammeln konnte. Diese Petition kritisiert die selektive Überprüfung von NGOs durch die CDU, die sich aktiv für gesellschaftliche Themen einsetzen.
Hintergründe zur rechtlichen Lage und Bedeutung von NGOs
Der rechtliche Rahmen für die politische Neutralität von NGOs ist komplex. Gemäß § 52 der Abgabenordnung müssen gemeinnützige Organisationen die Allgemeinheit selbstlos fördern. Sie dürfen sich zwar politisch betätigen, müssen jedoch parteipolitisch neutral bleiben. Ein Beispiel für die Herausforderungen in diesem Bereich bietet die Organisation Attac, die 2021 vom Bundesfinanzhof die Aberkennung der Gemeinnützigkeit erhielt, da ihre politische Arbeit als vorrangig betrachtet wurde. Diese Thematik berührt nicht nur die Zivilgesellschaft, sondern auch die Frage der öffentlichen Mittel und deren Verwendung.
Die Debatte handelt nicht nur von den rechtlichen Vorschriften, sondern auch von der grundsätzlichen Frage, wie Staaten und Gesellschaften mit Engagement von NGOs umgehen, die klar Position beziehen. Die Anfragen der Unionsfraktion zielen darauf ab, eine klare Linie zur politischen Neutralität zu zeichnen, doch die damit verbundenen programmatischen Vorwürfe sorgen für tiefgreifende Diskussionen über die Rolle von NGOs in der Demokratietagesschau.de.