
Vor der bevorstehenden Bildungsministerkonferenz in Baden-Württemberg steigen die Forderungen nach einer arbeitszeitlichen Erfassung für Lehrkräfte. Die Bildungsgewerkschaft GEW steht an der Spitze dieser Initiative und betont die Notwendigkeit, die Belastungen der Pädagogen transparent zu machen. Insbesondere Lehrkräfte in Regionen wie dem Main-Tauber-Kreis und dem Hohenlohekreis berichten von einer massiven Überlastung.
Die GEW-Kreisvorsitzende Jana Kolberg unterstützt die Forderung nach einer Arbeitszeiterfassung, um die Auswirkungen von Zusatzaufgaben auf die Arbeitszeiten sichtbar zu machen. Lehrkräfte berichten, dass sie sich auch in ihrer Freizeit ständig erreichbar fühlen. Dies ist exemplarisch bei der Lehrerin Silvia Wolter zu beobachten, die Teilzeit mit nur sieben Stunden pro Woche unterrichtet, jedoch eine Vielzahl an zusätzlichen Aufgaben hat, die ihre reguläre Arbeitszeit erheblich überschreiten.
Überlastung und Gesundheit
Das Kultusministerium in Baden-Württemberg argumentiert, dass Lehrkräfte eine gewisse Flexibilität bei der Terminierung ihrer Tätigkeiten haben. Dennoch zeigt eine Metastudie der Universität Göttingen aus dem Jahr 2018, dass viele Lehrkräfte unter überlangen Arbeitszeiten leiden, was signifikante gesundheitliche Risiken mit sich bringt. Laut Schulleitungen ist der Krankenstand unter Lehrern in Baden-Württemberg besorgniserregend hoch.
Die Rektorin Natalie Ederer unterstützt die Forderung nach einer systematischen Erfassung der Arbeitszeiten, um Vorurteile abzubauen und Transparenz zu schaffen. Ein Beispiel für einen erfolgreichen Ansatz in diesem Bereich ist ein Pilotprojekt zur Arbeitszeiterfassung, das in Bremen gestartet wurde. Die GEW wünscht sich ein ähnliches Projekt für Baden-Württemberg.
Regelungen und Herausforderungen
Das Bildungsministerium in Baden-Württemberg hebt die Notwendigkeit eines einheitlichen Vorgehens der Bundesländer hervor. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Arbeitszeit von Lehrkräften sind vielschichtig. Die Regelungen zur Unterrichtszeit werden vom Dienstherrn und Arbeitgeber festgelegt, was sowohl für verbeamtete als auch angestellte Lehrkräfte gilt. Der Tarifvertrag für die Länder (TV-L) verweist auf Regelungen, die für vergleichbare Beamte gelten.
Zusätzlich zu den regulären Unterrichtsstunden müssen Lehrer auch Vor- und Nachbereitungen, die Korrektur von Arbeiten und die Teilnahme an Konferenzen bewältigen. Diese Aufgaben sind oftmals unter den geltenden Regelungen nicht ausreichend erfasst und führen zu einer unzureichenden Berücksichtigung der tatsächlichen Arbeitszeit. Gerichtsurteile haben in der Vergangenheit auf die Gefahr einer Qualitätsverschlechterung hingewiesen, wenn das Unterrichtsdeputat erhöht wird.
Die GEW hat bisher keine signifikanten Änderungen in diesen Regelungen erzielt. Besonders kritisiert wird, dass die Zeit für zusätzliche Aufgaben in Deutschland nicht reguliert ist und somit die Arbeitsbelastung der Lehrkräfte oft unberücksichtigt bleibt.
Forderungen der GEW
Ein zentrales Anliegen der GEW ist eine einfache, gesetzlich geregelte Arbeitszeiterfassung, vorzugsweise digital über eine App. Die Gewerkschaft fordert, dass Lehrkräfte endlich die Unterstützung bekommen, die sie benötigen, um ihre Arbeitsbelastung fair zu erfassen und entsprechende Maßnahmen gegen die Überlastung einzuleiten.
In Anbetracht der aktuellen Lage und der jüngsten Klagen von Lehrkräften gegen das Land wegen zahlreicher Überstunden, die jedoch später zurückgezogen wurden, wird deutlich, dass ein Umdenken gewünscht ist. Kritiker argumentieren, dass der Lehrerberuf nicht mit einer herkömmlichen Büroarbeit verglichen werden kann. Die Basis, auf der Lehrkräfte arbeiten, muss transparenter und fairer gestaltet werden. Während die Forderungen laut werden, bleibt abzuwarten, ob und wie die Verantwortlichen reagieren werden.