
Im Landkreis Wesermarsch blüht die plattdeutsche Kultur, auch wenn die authentische Sprache zunehmend unter Druck steht. So hat das Theater Altenesch kreative Maßnahmen ergriffen, um die fehlenden Platt-Kenntnisse der Darsteller zu kompensieren. Regina Rethorn, die seit 2012 als Souffleuse agiert, spricht selbst kein Plattdeutsch von Haus aus und muss den Text Wort für Wort nachverfolgen. Um trotzdem das Bühnenbild und die Aufführungen zu genießen, sitzt sie während der Vorstellungen in der ersten Reihe. Das aktuelle Stück, „Koophuus in Trouble“, thematisiert den Druck auf Verkäuferinnen in einem Kaufhaus, ihre Abteilung als florierend darzustellen.
Regisseurin Susanne Dänekas hat die Herausforderung erkannt und beschreibt, wie auch andere Darsteller kaum Plattdeutsch sprechen können. Um dies zu überwinden, schreibt sie die Stücktexte in Lautsprache um. Rethorn benötigt für ihre Arbeit stets ihr Buch, da sie die Texte nicht auswendig lernen kann. Dennoch ist das Theater in der Heimatstube Altenesch, wo die Aufführungen am 1., 8., 15. und 21. März sowie am 2., 9., 16. und 23. März stattfinden, ein wichtiger kultureller Treffpunkt. Die Karten sind für neun Euro erhältlich.
Plattdeutsch: Ein gefährdetes Kulturgut
Plattdeutsch, auch als Niederdeutsch bekannt, ist nicht nur ein Dialekt, sondern gehört zur westgermanischen Sprachfamilie und hat Wurzeln, die bis ins 7. Jahrhundert zurückreichen. Historisch war Plattdeutsch im Mittelalter die vorherrschende Sprache in Norddeutschland, die sogar als wichtige Handelssprache der Hanse diente. Jedoch änderten sich im 16. Jahrhundert die Handelsrouten und Hochdeutsch gewann an Bedeutung, was zum Rückgang der plattdeutschen Sprachverwendung führte. Laut einer Studie sprechen mittlerweile etwa 2,5 Millionen Menschen in Norddeutschland Plattdeutsch, wobei Schätzungen darauf hindeuten, dass die Sprache in 20 Jahren verschwinden könnte.
Diese Gefährdung hat die regionalen Kulturschaffenden alarmiert. Das Institut für niederdeutsche Sprache initiiert jährlich den Bandwettbewerb „Plattsounds“, um junge Menschen für Plattdeutsch zu begeistern. Hier können Amateurmusiker, die zwischen 15 und 30 Jahre alt sind, Originalsongs ins Plattdeutsche übersetzen. Die Gewinnerband erhält hierbei 1.000 Euro. Dieser Wettbewerb soll nicht nur die Sprache am Leben erhalten, sondern auch deren Relevanz im modernen Kulturgeschehen zeigen.
Der Weg zur Wiederbelebung
Plattdeutsch wird von einer Vielzahl an Menschen geschätzt, jedoch muss die Sprachgemeinschaft sich gegen die Marginalisierung zur Wehr setzen. Dies umfasst nicht nur Theaterproduktionen, sondern auch den Einsatz zeitgemäßer Medien. So bietet Radio Bremen einen kostenlosen Online-Kurs an, um Interessierten den Zugang zur plattdeutschen Sprache zu erleichtern. Der Erhalt der Sprache ist essentiell für die kulturelle Identität der norddeutschen Regionen; der Verlust könnte als „fatal“ für die Geschichtsschreibung angesehen werden, wie Dr. Reinhard Goltz feststellt.
Zusammengefasst zeigt sich, dass das Theater Altenesch trotz der Herausforderungen rund um die plattdeutsche Sprache und Kultur nicht den Mut verloren hat. Mit kreativen Ansätzen und dem Engagement von Personen wie Regina Rethorn und Susanne Dänekas wird ein Stück regionaler Identität lebendig gehalten. Das Beispiel Altenesch ist ein wertvolles Zeichen für den Erhalt plattdeutscher Sprache und Kultur im modernen Deutschland.