
Die „Sammlung Dehn“ an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) ist ein eindrucksvolles Zeugnis antiker Kultur und zugleich ein Beispiel für die komplexe Geschichte des Handels mit Kulturgut im 20. Jahrhundert. Diese Sammlung, die aus antiken Keramikfragmenten besteht, wurde 1939 unter fragwürdigen Umständen erworben und gibt Anlass zur Herkunfts- und Provenienzforschung. Die mehr als 2500 Jahre alten Objekte stammen aus einer geheimnisvollen Münchner Privatsammlung und sind Teil der Antikensammlung der FAU, die uns heute umfassende Einblicke in die Kulturen des antiken Mittelmeerraums gewährt. Diese Informationen wurden von der FAU in einem aktuellen Bericht detailliert beschrieben und hervorgehoben, dass die Forschung zu diesen Objekten von Dr. Georg Gerleigner vorangetrieben wird, seit er im Jahr 2019 die Forschungsarbeit begann.
Der Ursprung der Sammlung ist jedoch belastet. Georg Dehn, dessen Sammlung aus fast 500 Keramikfragmenten unter anderem griechischer, etruskischer und römischer Herkunft besteht, musste in den späten 1930er Jahren aufgrund seiner jüdischen Herkunft vor dem nationalsozialistischen Regime fliehen. Dehn und seine Frau Wiltrud emigrierten 1939 nach Ecuador, nachdem er die Sammlung – rechtlich über seine Frau abgewickelt – an Georg Lippold, Professor für Klassische Archäologie an der FAU, verkauft hatte. [retour.hypotheses.org] berichtet, dass Lippold die Stücke in zwei separaten Verkäufen erwarb: Zunächst als Leiter der Antikensammlung und später als Privatmann.
Herausforderung der Provenienzforschung
Der Verkauf der Sammlung geschah zu einer Zeit, als viele Kunstobjekte unter schwierigsten und oft illegalen Bedingungen den Besitzer wechselten. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Sammlung nicht im Rahmen eines Wiedergutmachungsverfahrens betrachtet, was die Fragen der Rückgabe und Entschädigung aufwirft. Laut den rechtlichen Rahmenbedingungen, wie dem Bundesentschädigungsgesetz, hatten die unmittelbaren Geschädigten und deren Nachfahren, soziale Organisationen und Stillen Rechte auf Rückerstattung, was einen tiefen Kontext zu den Geschehnissen um die Sammlung Dehn schafft. [kulturgutverluste.de] weist darauf hin, dass die Bundesregierung sowie die Länder und kommunalen Spitzenverbände dazu aufgerufen sind, NS-verfolgungsbedingt entzogene Kulturgüter zu suchen und zurückzugeben.
Die Nachfahren von Georg und Wiltrud Dehn besuchten 2022 die Antikensammlung und stimmten dem Verbleib der Stücke an der FAU zu. Ein Vertrag zwischen der Familie Dehn und der FAU regelt den Verbleib der Sammlung und gibt der Familie das Recht auf Zugang zu den Objekten. Dieser Vertrag symbolisiert nicht nur ein Arrangement, sondern auch einen Schritt in Richtung einer verantwortungsbewussten Aufarbeitung der Geschichte.
- Die Sammlung umfasst:
- 483 Scherben antiker Keramik aus dem 6. bis 4. Jh. v. Chr.
- Bronze- und Bleigegenstände
- Terrakottafiguren, -reliefs und -lampen
- Marmorskulpturfragmente
Die Erforschung der Herkunft dieser Objekte wird durch umfangreiche Recherchen unterstützt. Diese umfassen das Studium von Auktionskatalogen, die in der Vergangenheit für den Erwerb der Objekte durch Georg Dehn verwendet wurden. Unter den über 483 Fragmenten sind viele Stücke, deren Herkunft noch immer unklar bleibt und die vermutlich aus dem deutschen und italienischen Kunsthandel vor dem Ersten Weltkrieg stammen. [retour.hypotheses.org] hebt zudem hervor, dass das digitalisierte Archiv der Galerie Helbing, in der Dehn 1908 einige bereits gekaufte Objekte erwarb, für die Provenienzforschung von großer Relevanz ist.
Insgesamt überzeugt die „Sammlung Dehn“ nicht nur durch ihre kulturellen Werte, sondern sie führt uns auch vor Augen, wie wichtig Transparenz und Verantwortung sind, wenn es um den Umgang mit dem kulturellen Erbe geht. Die wissenschaftliche Erschließung dieser Sammlung bietet nicht nur Einblicke in die Antike, sondern auch eine wichtige Lehre für die Gegenwart und Zukunft des Handelns mit Kulturgütern.