
Mario Draghi hat in einem aktuellen Interview mit der „Financial Times“ auf die erheblichen wirtschaftlichen Herausforderungen hingewiesen, mit denen die Europäische Union (EU) konfrontiert ist. Insbesondere betont er interne Hürden, die Zollsätzen von bis zu 45 % für Industrieprodukte und 110 % für Dienstleistungen entsprechen, was die Wettbewerbsfähigkeit der EU stark beeinträchtigt. Diese Aspekte werden in einem umfassenden Bericht behandelt, der am 9. September 2024 veröffentlicht wurde, als Teil der neuen legislaturpolitischen Agenda der EU. Der Bericht zielt darauf ab, die Politikgestaltung zur Stärkung von Wachstum und Stabilität in der EU zu beeinflussen, wie BMWK berichtet.
Der Bundestag hat kürzlich bedeutende Staatsverschuldungsprogramme verabschiedet, die jedoch noch der Zustimmung des Bundesrats bedürfen. Draghi äußert Bedenken, dass trotz der expansiven Finanzpolitik, die sowohl wirtschaftliches Wachstum als auch Inflation fördern könnte, die richtigen Anreize fehlen. Im Ausland sieht man vor allem das Wachstumspotenzial, während in Deutschland die Ängste vor Inflation überwiegen. Draghi warnt eindringlich vor den Gefahren eines unproduktiven staatlichen Konsums, der durch das neue Verschuldungspotenzial der Bundesregierung entfacht werden könnte.
Vorschläge zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit
Für Draghi ist ein nachhaltiger wirtschaftlicher Aufschwung ohne eine marktgerechte Agenda nicht möglich. Dazu zählt der Abbau von Vorschriften, umfassende Steuerreformen und sozialpolitische Anpassungen. Er sieht die Notwendigkeit, die Bevölkerung von den Chancen einer marktwirtschaftlichen Mobilisierung zu überzeugen. Der Bericht erwartet, dass zusätzliche Investitionen von mindestens 750 Milliarden Euro pro Jahr erforderlich sind, um die Wettbewerbsfähigkeit der EU zu erhöhen und insbesondere die Innovationslücke zu schließen, die im Bericht hervorgehoben wird.
Draghi identifiziert mehrere Schlüsselsektoren, die Unterstützung benötigen. Diese umfassen Bereiche, in denen technologischer Rückstand besteht, Sektoren mit hohem Beschäftigungsanteil, strategisch wichtige Industrien und aufstrebende Unternehmen mit Wachstumspotenzial. Die vorgeschlagene Strategie setzt dabei auf ein integriertes Planungsmodell zur Dekarbonisierung, um die EU im Bereich Zukunftstechnologie führend zu positionieren, während wettbewerbsfähige Energiepreise sichergestellt werden müssen.
Aktuelle Entwicklungen im Binnenmarkt
Ein weiterer Aspekt betrifft die Entwicklung des Binnenmarkts. Der neue Jahresbericht über den Binnenmarkt, wie von der EU-Kommission veröffentlicht, zeigt positive Entwicklungen. Neun zentrale Leistungsindikatoren haben sich verbessert, wobei fünf stabil geblieben sind. Dennoch bleibt die Herausforderung, hohe Energiekosten zu senken und die Koordination von Investitionen in Zukunftstechnologien zu optimieren.
Draghi fordert eine Vertiefung der Kapitalmarktunion, um das Risiko- und Risikokapital zu erhöhen. Diese Maßnahmen sind essenziell, um den Binnenmarkt nicht nur als einen der größten integrierten Märkte weltweit zu erhalten, sondern auch um die EU-Wirtschaft nachhaltig anzukurbeln. Draghi fordert außerdem, dass die Vorschriften zur Durchsetzung und Umsetzung verbessert werden, um die Wettbewerbsfähigkeit der EU weiter zu stärken.