
In der aktuellen politischen Debatte wird die Rolle von Emotionen zunehmend thematisiert. Der Politikexperte Johannes Hillje zeigt auf, wie wichtig es in der Demokratie ist, Emotionen nicht den Populisten zu überlassen. Wie op-online.de berichtet, betont Hillje, dass in Deutschland eine Emotionsaversion herrscht, die ihren Ursprung im Nachkriegsdeutschland hat. Diese Nüchternheitskultur, geprägt unter anderem von Theodor Heuss, soll die Gesellschaft vor der Manipulation durch Propaganda schützen.
Die gegenwärtige politische Stimmung zeigt jedoch, dass emotionale Kommunikation dringend erforderlich ist, um die Bürger zu erreichen. Hillje bringt in seinem Buch „Mehr Emotionen wagen“ die Dringlichkeit zum Ausdruck, Politik emotionaler zu gestalten. In diesem Kontext wünscht er sich eine bewusste Emotionalisierung als strategisches Mittel, um populistischen Kräften wie der AfD entgegenzuwirken.
Emotionen und ihre Bedeutung in der politischen Kommunikation
Emotionen spielen eine ambivalente Rolle in der Politik. Einerseits werden sie oft als störend für rationale Entscheidungen wahrgenommen, was zu einer generellen Emotionsaversion in der politischen Kommunikation führt. Der Begriff „Wutbürger“ ist ein Beispiel dafür, wie Empörung oft als irrational eingestuft wird. Doch wie die bpb.de argumentiert, können Emotionen auch als Integrationsfaktor wirken und Authentizität in der Politik erzeugen. Politiker sind gefordert, ihre „menschliche Seite“ zu zeigen, um das Vertrauen der Bürger zu gewinnen.
Hillje kritisiert dabei nicht nur die stoische Haltung von einigen Politikern wie Olaf Scholz, sondern hebt ebenso die impulsive Emotionalität von Friedrich Merz hervor. Diese beiden Ansätze verdeutlichen die Spannungen, die zwischen rationaler und emotionaler Kommunikation existieren. Hillje sieht die Notwendigkeit, Emotionen in die Demokratisierung des politischen Prozesses zu integrieren.
Die Herausforderung der politischen Emotionskultur
Hillje fordert eine demokratische Emotionskultur, die zentrale Emotionen sinnvoll einbezieht. Diese könnte helfen, populistische Emotionen wie Hass und Angst durch positive Emotionen wie Hoffnung und Stolz zu überwinden. In diesem Sinne können Emotionen entscheidungsrelevant sein. Hillje meint, dass emotionaler Ausdruck im Wahlkampf wichtig ist, um Botschaften klar zu vermitteln und die Wähler zu mobilisieren.
Ein Konzept des politischen Emotionsmanagements könnte auch die Selbstbestimmung der Bürger fördern, indem es emotionale Aspekte in politische Entscheidungen einbezieht. Wie die nomos-elibrary.de feststellt, ist es unerlässlich, die Verflechtung von Vernunft und Gefühl in der politischen Theorie zu berücksichtigen. Die Trennung dieser beiden Sphären könnte die Grundlagen des demokratischen Prozesses beeinträchtigen.
In der Demokratie ist es wichtig, diese komplexen Zusammenhänge zu verstehen und sowohl der Emotionalität als auch der Rationalität ihren Platz einzuräumen. Eine Politik der Gefühle wird jedoch immer auch mit konfliktreichen Auseinandersetzungen verbunden sein. In Anbetracht der gegenwärtigen politischen Entwicklungen hat Hillje recht: Emotionen dürfen nicht länger als Störfaktor betrachtet werden, sondern müssen als wertvolle Elemente politischer Kommunikation anerkannt werden.