
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit der Verhandlung über die Einstufung von Herkunftsländern von Asylbewerbern als sicher begonnen. Dabei steht das sogenannte „Albanien-Modell“ im Fokus, das die italienische Regierung unter Ministerpräsidentin Giorgia Meloni verfolgt. Ziel des Modells ist es, Asylverfahren zu beschleunigen, indem Geflüchtete auf dem Mittelmeer von italienischen Grenzschützern abgefangen und auf ein Schiff gebracht werden, wo ihre Anträge innerhalb von 28 Tagen entschieden werden, ohne dass sie europäischen Boden betreten müssen. Bisher hat dieses Verfahren jedoch nicht die gewünschte Wirkung erzielt; die Justiz in Rom hat den Plan in mehreren Verfahren gestoppt und alle in Albanien festgesetzten Männer zurück nach Italien gebracht.
Italien versucht, Asylanträge vor allem für geflüchtete Männer aus Ländern wie Bangladesch und Ägypten, die Italien als sichere Herkunftsstaaten einstuft, zu bearbeiten. Bei erfolgreichem Asylantrag dürfen die Antragsteller nach Italien reisen, während im Falle einer Ablehnung eine Rückführung in die Heimat vorgesehen ist. Ein Gericht in Rom hat jedoch erklärt, dass diese Länder nicht als sicher eingestuft werden können, und den EuGH zur Klärung angerufen.
Verfahren vor dem EuGH
Die mündliche Verhandlung begann am Dienstag und wird in den kommenden Monaten mit Spannung erwartet. Der EuGH muss entscheiden, ob und unter welchen Umständen die Asylanträge in Lagern außerhalb der EU zu prüfen sind. In diesem Zusammenhang steht auch die Frage im Raum, ob staatliche Stellen eine Liste sicherer Herkunftsländer aufstellen oder nur die Kriterien dafür definieren dürfen. Die aktuelle Situation bringt zusätzliche Komplexität, da in Deutschland nur zehn Länder offiziell als sicher gelten, darunter keine der von Italien als sicher eingestuften Staaten.
Ein weiterer Punkt der Verhandlung konzentriert sich auf die Rolle nationaler Gerichte in diesem Prozess. Rechtsanwalt Dario Belluccio fordert eine einheitliche Regelung für das Asylsystem in Europa, während Organisationen wie PRO ASYL befürchten, dass selbst bei einer Ablehnung durch den EuGH das Modell in Italien weitergeführt wird.
Kontext und Implikationen
Das Albanien-Modell ist Teil von Melonis breiterem Ansatz zur Bekämpfung irregulärer Migration, den sie seit dem Herbst 2022 mit ihrer Koalition aus rechtsgerichteten Parteien verfolgt. Seit der Einführung des Modells im Oktober sind die Aufnahmeeinrichtungen in Albanien jedoch praktisch immer leer geblieben, was Fragen zur Effektivität und Umsetzung aufwirft. Zudem unterstreicht die Situation die unterschiedlichen Auffassungen innerhalb der EU über die Sicherstellung des Rechtes auf Asyl.
Die EU hat sich verpflichtet, Menschen, die vor Verfolgung fliehen, zu schützen. Dies geschieht im Einklang mit dem Genfer Abkommen von 1951, das die Kriterien für die Anerkennung als Flüchtling festlegt. Die EU-Mitgliedstaaten sind verpflichtet, berechtigten Personen Schutz zu gewähren und bieten in Notlagen wie dem aktuellen Konflikt in der Ukraine vorübergehenden Schutz an.
Die fundamentalen Rechte auf Asyl und subsidiären Schutz sind in den Artikeln 18 und 19 der Charta der Grundrechte der EU verankert. In diesem Licht wird die Rolle des EuGH besonders wichtig, da seine Entscheidung umfangreiche Auswirkungen auf die Asylpolitik in Italien sowie in anderen EU-Staaten haben könnte.
Während die Verhandlungen fortgesetzt werden und das Urteil in den kommenden Monaten aussteht, bleibt abzuwarten, wie sich die Situation auf die Asylpolitik in Europa auswirken wird und ob das Albanien-Modell trotz der Herausforderungen bestehen bleibt.
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