
Die Analyse der geldpolitischen Kommunikation der Europäischen Zentralbank (EZB) hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Ein neues Sprachmodell, das auf der Grundlage von Daten von Januar 2019 bis März 2025 entwickelt wurde, ermöglicht es, die geldpolitischen Stellungnahmen der EZB genau zu klassifizieren. Diese Analyse zeigt, dass die Kommunikationsstrategien der EZB sich im Laufe der Zeit erheblich verändert haben.
Das Sprachmodell RoBERTa trägt zur Klassifizierung von Sätzen als falkenhaft (restriktiv), taubenhaft (expansiv) oder neutral bei. Diese Einteilung ist nicht nur akademisch, sondern beeinflusst auch die Zinsprognosen und damit die gesamte Wirtschaftspolitik des Euroraums. Laut einer Analyse des DIW war die Kommunikation der EZB im Jahr 2019 überwiegend expansiv, was durch die Coronakrise 2020, in einer Phase niedriger Inflation, noch verstärkt wurde.
Die Entwicklung der geldpolitischen Strategie
Die geldpolitische Strategie der EZB hat sich jedoch mit der wirtschaftlichen Erholung ab Ende 2020 gewandelt. Trotz eines Anstiegs der Inflation und zunehmender Kritik an der expansiven Kommunikation bis Ende 2021 entschied sich die EZB, zunächst an diesem Kurs festzuhalten. Ab Ende 2021 kam es allerdings zu einem Wechsel hin zu restriktiven Maßnahmen, die im zweiten Halbjahr 2022 ihren Höhepunkt mit mehreren Zinserhöhungen erreichten.
Das neue geldpolitische Konzept, das am 8. Juli 2021 vorgestellt wurde, zielt auf ein mittelfristiges Inflationsziel von 2 %. Es wurde betont, dass sowohl negative als auch positive Abweichungen von diesem Ziel unerwünscht sind. Die EZB hat den Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) als geeignete Messgröße für die Preisentwicklung beibehalten. Eine schrittweise Berücksichtigung von selbst genutztem Wohneigentum im HVPI wurde ebenfalls empfohlen. Laut der EZB-Pressemitteilung wird die nächste Überprüfung der geldpolitischen Strategie im Jahr 2025 stattfinden, nachdem die letzte umfassende Überprüfung im Jahr 2003 durchgeführt wurde.
Aktuelle Kommunikationsstrategien und Ausblick
Seit Anfang 2024 zeichnet sich in der Kommunikation der EZB eine neutralere Haltung ab. Diese Entwicklung könnte als Indikator für ein angemessenes Zinsniveau gedeutet werden. Der Kommunikationskursindikator, der die geldpolitische Tonlage über einen längeren Zeitraum misst, zeigt, dass die EZB zwar restriktive Maßnahmen beibehält, jedoch eine Abweichung von der aggressiven Zinspolitik in Aussicht steht.
Die EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat den neuen strategischen Ansatz als positiv bewertet und betont, dass der Klimawandel nun auch als Faktor in die Überlegungen zur Preisstabilität einfließt. Ein klimabezogener Maßnahmenplan wurde verabschiedet, um den Herausforderungen des Klimawandels Rechnung zu tragen. Wie die EZB-Informationsseite bestätigt, ist die regelmäßige Überprüfung der Strategie ein fortlaufender Prozess, der in enger Zusammenarbeit mit nationalen Zentralbanken des Euroraums erfolgt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die EZB nun nicht nur auf wirtschaftliche Trends, sondern auch auf umweltpolitische Überlegungen reagiert und damit einen wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung der europäischen Wirtschaft und die Geldpolitik in den kommenden Jahren haben könnte.