
Robert Greil, Chefstratege von Merck Finck, prognostiziert für kommende Woche eine bedeutende Zinsentscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB). Am Donnerstag könnte die EZB die Leitzinsen zum sechsten Mal senken. Laut Greil wird der Einlagensatz von derzeit 2,75 Prozent auf mindestens 2,0 Prozent gesenkt, was einen Erleichterung für Kreditnehmer darstellen würde. Diese Maßnahmen sind als Reaktion auf die anhaltende Konjunkturschwäche und den nachlassenden Inflationsdruck zu verstehen, die die Geld- und Wirtschaftspolitik der Eurozone prägen.
Am Donnerstag werden auch die Auftragseingänge der deutschen Industrie für den Januar veröffentlicht, was die Marktbewegungen weiter beeinflussen könnte. Für die Eurozone sind in der kommenden Woche mehrere entscheidende Wirtschaftsindikatoren angekündigt: Unter anderem die vorläufigen Inflationszahlen für Februar und die Arbeitsmarktdaten für Januar. Ebenso stehen die finalen Einkaufsmanagerindizes für das verarbeitende Gewerbe und den Dienstleistungssektor im Fokus, sowie die Einzelhandelsumsätze und finale BIP-Zahlen für das Schlussquartal 2024.
Prognosen und wirtschaftlicher Kontext
Greil geht davon aus, dass die EZB in den kommenden Monaten mindestens zwei weitere Leitzinssenkungen vornehmen könnte. Diese Einschätzung wird von der aktuellen Wirtschaftslage gestützt, in der auch die Inflation im Euroraum bei durchschnittlich 2,3 Prozent liegt. Dies beeinflusst die Geldpolitik, da die EZB ein mittelfristiges Inflationsziel von 2 Prozent hat. Beeinflusst wird die Zinsentwicklung zudem durch das Wirtschaftswachstum: Sollten die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sich stabilisieren, könnte der Leitzins bis 2026 bei 2,0 Prozent stabilisiert werden.
Der aktuelle Leitzins liegt bei 3,25 Prozent, nachdem er im Oktober 2024 um 0,25 Prozentpunkte gesenkt wurde. Eine Senkung der EZB-Zinsen ist bedeutend, da sie nicht nur die Finanzierungskosten von Banken beeinflusst, sondern auch Auswirkungen auf die Kreditvergabe an Endkunden hat. Generell gilt, dass eine Senkung der Leitzinsen die Kreditkosten für Verbraucher reduziert, während Sparer in der Regel von niedrigeren Zinssätzen auf ihre Einlagen betroffen sind. Eine Bank kann beispielsweise einen Dispokredit mit 10% Zinsen anbieten, wenn sie sich zu höheren Konditionen Geld besorgt.
Marktreaktionen und Auswirkungen
Die prognostizierten Zinssenkungen könnten den Aktienmarkt positiv beeinflussen, da sie als Signal für eine expansive Geldpolitik gewertet werden. Anleihemärkte dürften ebenfalls auf die Zinssenkungen reagieren: Steigende Anleihepreise resultieren häufig daraus, dass bestehende Anleihen mit höheren Kupons attraktiver werden. Für die Sparer stellen niedrigere Zinssätze jedoch eine Herausforderung dar.
Ein niedrigerer Zinssatz führt dazu, dass Banken weniger für Spareinlagen zahlen. Auf der anderen Seite profitieren Kreditnehmer von niedrigeren Zinsen auf Kredite und Hypotheken. Darüber hinaus wird erwartet, dass der Euro an Wert verlieren wird, was die Exporte aus dem Euroraum ankurbeln könnte. Der Immobilienmarkt könnte ebenso durch günstigere Hypothekenzinsen Wachstum erfahren, während die Druck auf die Bankenmargen steigt.
Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und die Geldpolitik der EZB stehen jedoch unter Druck durch zahlreiche Unsicherheiten, wie politische Instabilitäten in der Eurozone, die den einheitlichen Kurs erschweren könnten. In der nächsten Woche werden auch bedeutende Daten aus den USA und China veröffentlicht, die zusätzliche Anhaltspunkte für Investoren liefern könnten. Während die EZB sich auf mögliche Zinssenkungen vorbereitet, agiert die Federal Reserve vorsichtiger, was die Divergenzen zwischen den beiden großen Zentralbanken verstärken könnte.