
In einem aktuellen Gespräch hat der ehemalige Bundesaußenminister Joschka Fischer brisante Überlegungen zur Wehrpflicht und zur Sicherheitslage in Europa angestellt. In der Sendung bei Caren Miosga äußerte er, dass Deutschland und Europa angesichts eines „imperialen Russlands“ und der unberechenbaren Politik der USA, insbesondere unter der Führung Donald Trumps, ihre militärische Abschreckungsfähigkeit weiter ausbauen müssen. Fischer hinterfragt, ob Deutschland sich ausreichend für die Verteidigung rüsten könne und schlägt vor, über nationale Rüstungsinitiativen und die Schaffung einer europäischen Armee nachzudenken. Dies gibt den Anstoß zu einer breiteren Debatte über die Wehrpflicht, die seit 2011 unter Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg ausgesetzt ist.
Ein zentrales Thema der Diskussion ist die Forderung der CSU und des Bundeswehrverbands nach der Wiedereinführung der Wehrpflicht. Diese Demand hat an Dringlichkeit gewonnen, da die Bundeswehr bis 2031 eine Einsatzgrößezahl von 203.000 Soldaten benötigt, während gegenwärtig etwa 20.000 Soldaten fehlen. Fischer sieht dies ähnlich und spricht sich sowohl für die Einberufung von Männern als auch von Frauen aus. Neben der Wehrpflicht ist auch eine Erhöhung des Wehretats für eine glaubwürdige Verteidung notwendig, so Fischer. Er betont, dass jeder sich überlegen sollte, ob er einen Beitrag zur Verteidigung leisten möchte, und dies als wertvoll erachtet.
Wehrpflicht: Eine politische Debatte
Die Diskussion erstreckt sich über die gesamte politische Landschaft. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hatte bereits im Juni 2024 ein Modell für einen „Neuen Wehrdienst“ präsentiert, das vorwiegend auf Freiwilligkeit basieren soll. Dennoch gibt es gemischte Meinungen innerhalb der SPD. Während Hans-Peter Bartels eine Rückkehr zur Wehrpflicht befürwortet, lehnt er eine Kombination mit sozialer Dienstpflicht ab. Falko Droßmann hingegen kritisiert die Rückkehr zur Wehrpflicht als populistisch und verweist auf strukturelle Herausforderungen der Bundeswehr.
Auf europäischer Ebene ist die Diskussion über die Wehrpflicht ebenfalls präsent. Einige europäische Länder, wie Griechenland und die Türkei, halten an der Wehrpflicht fest. In den letzten Jahren haben Länder wie Kroatien und Serbien die Wehrpflicht wieder eingeführt. Im Kontext des russischen Übergriffs auf die Ukraine hat der Druck zur Stärkung militärischer Strukturen zugenommen, wobei Fachleute warnen, dass dem geplanten Investitionen in neue militärische Ausrüstung ein Mangel an Soldaten gegenübersteht. Gerüchte über die Einstellung von Wehrpflichtigen häufen sich, um dieser Engpass zu begegnen.
Gesellschaftliche Bereitschaft
Umfragen zeigen, dass die Bereitschaft, im Ernstfall für das eigene Land zu kämpfen, in vielen europäischen Ländern unter 50 % liegt. Im Vergleich dazu sind zwei Drittel der finnischen Bevölkerung bereit, in einem militärischen Konflikt zu kämpfen. In Deutschland liegt diese Bereitschaft lediglich bei 20 %. Diese Zahlen verdeutlichen, dass es nicht nur um die Rekrutierung von Soldaten geht, sondern auch um die gesellschaftliche Akzeptanz eines Wehrdienstes.
Die Komplexität der Debatte wird auch durch die unterschiedlichen Auffassungen innerhalb der Gesellschaft verstärkt. Laut aktuellen Statistiken sind 55 % der polnischen Bevölkerung für die Wiedereinführung der Wehrpflicht, jedoch sind jüngere Menschen mehrheitlich dagegen. Diese Mehrdeutigkeiten spiegeln die Herausforderung wider, dass Militärdienst und Sicherheit in modernen Gesellschaften immer weniger als gemeinsame Verpflichtung wahrgenommen werden.
Insgesamt steht die deutsche und europäische Sicherheitspolitik an einem Wendepunkt. Joschka Fischers Appell zur Stärkung der Verteidigungsfähigkeit und zur Überlegung, ob eine Wehrpflicht notwendig ist, könnte eine Debatte anstoßen, die die gesamte politische Landschaft unweigerlich beeinflussen wird. Der Druck zur Rückkehr zur Wehrpflicht ist evident, und die politischen Akteure sind gefordert, sich dieser Herausforderung zu stellen.
Wie die Diskussion um die Wehrpflicht weiter verläuft, bleibt abzuwarten, doch Fischer’s Ratschläge an den künftigen CDU-Bundeskanzler Friedrich Merz im Umgang mit Trump sind ebenso von Bedeutung, um die geopolitischen Beziehungen Deutschlands und Europas zu stärken. Fischer plädiert für Gelassenheit und eine Strategie der „gewissen Geschmeidigkeit“ im Umgang mit dem amerikanischen Präsidenten.
t-online.de berichtet, dass … welt.de weist darauf hin, dass … nzz.ch ergänzt, dass …