
Die Glücksspielwerbung in Deutschland hat in den letzten Jahren ein besorgniserregendes Ausmaß erreicht, insbesondere im Kontext großer Sportereignisse. Dies belegt eine aktuelle Analyse der Universität Hohenheim, die während der Fußball-Europameisterschaft 2024 durchgeführt wurde. Laut der Untersuchung sind im Durchschnitt mehr als 15 Minuten Glücksspielwerbung pro Spiel zu verzeichnen. Dabei verlieren Wettende in Deutschland jährlich über 1,4 Milliarden Euro an Geldspielautomaten und Sportwetten. Diese Fakten werfen ein Licht auf die drängenden Probleme der Glücksspielsucht und die unzureichenden Präventionsmaßnahmen, die vom Bundesdrogenbeauftragten Burkhard Blienert scharf kritisiert werden.
Blienert hebt hervor, dass Wettanbieter jährlich hundertmal mehr für Werbung ausgeben als für Prävention, was die Situation erheblich verschärft. Besonders auffällig ist, dass Werbung für Sportwetten beinahe omnipräsent während Fußballspielen zu sehen ist, einschließlich Welt- und Europameisterschaften. Die Forschungsstelle Glücksspiel hat elf Spiele der EM 2024 analysiert sowie Social Media-Werbung von zehn Wettanbietern. Die Ergebnisse zeigen, dass die Werbung auf Stadionbanden überwiegend die Logos von Wettanbietern in voller Bildschirmbreite präsentiert.
Wachsende Problematik der Glücksspielsucht
Ein weiterer besorgniserregender Aspekt ist, dass etwa jede*r dreizehnte Glücksspieler*in gesundheitliche, finanzielle oder soziale Probleme entwickelt. Diese Probleme können gravierende Folgen wie Familienzerstörungen und Existenzvernichtungen nach sich ziehen, wie im Glücksspielatlas Deutschland 2023 beschrieben. Der Atlas, erarbeitet von Expert*innen des Instituts für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung (ISD) und der Universität Bremen, bietet eine umfassende Darstellung relevanter Aspekte des Themas Glücksspiel.
Die vorliegenden Daten zeigen, dass etwa 30 % der Bevölkerung in Deutschland an Glücksspielen teilnehmen. Aktuell haben 2,3 % der Bevölkerung, was rund 1,3 Millionen Personen entspricht, eine Glücksspielstörung. Den besonders gefährdeten Gruppen – wie den Teilnehmer*innen an Geldspielautomaten, von denen 40 % betroffen sind – muss besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Blienert betont, die Prävention bleibt das wichtigste Mittel im Kampf gegen die Spielsucht, und es bedarf besserer Maßnahmen gegen illegales Glücksspiel und Werbung.
Der Bedarf an effektiven Spielerschutzmaßnahmen
Die Notwendigkeit für verhaltenspräventive Maßnahmen, wie Verfügbarkeitsbeschränkungen, wird zunehmend sichtbar. Diese Maßnahmen könnten einen effektiven Spielerschutz gewährleisten. Die Glücksspielanbieter haben einen rechtlichen Sicherstellungsauftrag für den Spieler- und Jugendschutz, sind jedoch teilweise unzureichend in der Umsetzung. Zudem ist die Nachfrage nach ambulanten Hilfeangeboten für Online-Glücksspielende in den letzten fünf Jahren gestiegen, was den dringenden Bedarf an wirksamen Präventionsstrategien untermauert.
Die Kontrolle der Glücksspielwerbung wurde durch die Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder verstärkt, die seit 2014 jährliche Jahresberichte zur ökonomischen Analyse des deutschen Glücksspielmarktes veröffentlichen. Im Jahr 2023 werden neue Studien initiiert, die die Auswirkungen von Spielerschutzregelungen und Werbung im Internet untersuchen.
Insgesamt ist die Kombination der Analyse von Glücksspielwerbung mit den aktuellen Zahlen und den Bedürfnissen betroffener Spieler ein wichtiger Schritt, um die Herausforderungen der Glücksspielsucht in Deutschland zu bewältigen. Der Glücksspielatlas steht als wichtige Informationsquelle zur Verfügung und bietet damit eine Grundlage für politische Entscheidungen und Maßnahmen zur Bekämpfung von Glücksspielsucht.
Für Betroffene gibt es auch hilfreiche Ressourcen, wie die kostenfreie Telefonberatung zur Glücksspielsucht, die unter der Nummer 0800 1 37 27 00 zu erreichen ist. Diese Unterstützung ist entscheidend, um die weitreichenden Auswirkungen der Glücksspielsucht zu mildern.