
Robert Habeck, der Grünen-Kanzlerkandidat, hat in einem aktuellen Interview offenbart, dass er im vergangenen Jahr mehrfach über einen Rückzug aus der Politik nachgedacht hat. „Im vergangenen Sommer bin ich in mich gegangen. Ich habe mich gefragt, ob ich noch einen sinnvollen Beitrag leisten kann oder ganz aufhören sollte mit der Politik“, erklärte der Bundeswirtschaftsminister im Gespräch mit dem „Spiegel“. Diese Überlegungen wurden ausgelöst durch die Herausforderungen und Erfahrungen in der Ampelregierung, in der es nach Habeck zu einem Vertrauensverlust in die Politik und seine Person gekommen sei.
Bereits im Dezember hatte Habeck in einem Interview mit der „Zeit“ über den Druck berichtet, den eine Protestaktion von Landwirten gegen ihn auf sein persönliches Leben ausübte. Damals äußerte er auch, dass in der Familie diskutiert wurde, ob er sich aus der Politik zurückziehen solle, jedoch alle zu dem Schluss kamen: „Nein. Jetzt erst recht.“ In Anknüpfung an diese Thematik erklärte er, dass er im Sommer in der Politik diese Fragen wieder aufgegriffen habe: „Kann ich noch Vertrauen zurückgewinnen – in meine Person, in die Grünen und in das demokratische System dieses Landes“, so Habeck weiter.
Rückzugserwägungen und politische Ambitionen
Die Überlegungen zu einem Rückzug kamen, als Außenministerin Annalena Baerbock im Juli ihren Verzicht auf die Spitzenkandidatur der Grünen bekannt gab. Zu diesem Zeitpunkt war Habecks eigene Entscheidung noch offen. „Ich wollte mir noch Zeit nehmen, sprach viel mit Vertrauten, aber auch mit Leuten, mit denen ich parteiintern schon einiges ausgefochten hatte. Und irgendwann war klar, dass die Partei mich trägt“, sagte er. Daher trat er als Kanzlerkandidat an, trotz der aktuellen Umfragewerte, die seine Partei hinter Union, AfD und SPD zeigen.
Im selben Gespräch äußerte sich Habeck auch zur nationalen Sicherheit und zu Verteidigungsausgaben, die er auf ein Niveau erhöhen möchte, wie es zuletzt im Kalten Krieg erreicht wurde. „Wir müssen fast doppelt so viel für unsere Verteidigung ausgeben, damit Putin nicht wagt, uns anzugreifen“, so Habeck. Er betonte, dass diese zusätzlichen Mittel nicht aus dem laufenden Haushalt kommen dürften und schlug vor, sie über Kredite und Sondervermögen zu finanzieren. Zudem äußerte er, dass er nun, angesichts der geänderten Sicherheitslage, zur Bundeswehr gehen würde, während er zuvor im Kalten Krieg noch den Kriegsdienst verweigert hatte.
Diese Einblicke in Habecks Gedankengänge und politischen Strategien verdeutlichen die Herausforderungen, vor denen er steht, als er seinen Kurs innerhalb der Ampelkoalition und die Erwartungen der Wähler in den kommenden Monaten ausbalancieren will.