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Digitale Trinkgeldsysteme: Neues Prinzip oder unangemessener Druck?

Immer mehr Gastrobetriebe in Frankfurt am Main setzen auf digitale Trinkgeldsysteme, was zu einer grundlegenden Veränderung der Trinkgeldkultur in Deutschland führt. Während Kartenzahlungen in der Gastronomie weit verbreitet sind, bieten viele Restaurants ihren Gästen die Möglichkeit, nach der Zahlung zwischen verschiedenen Trinkgeldbeträgen wie 5, 10 oder 15 Prozent zu wählen. Kritiker, wie Frank Winkler von der Apfelweingaststätte „Daheim im Lorsbacher Thal“, sehen in dieser Praxis ein Druckmittel, das Kunden unwohl fühlen lässt. Winkler betont, dass die Entscheidung über das Trinkgeld den Gästen vorbehalten bleiben sollte und befürchtet, dass diese digitale Aufforderung als unangenehm empfundens wird. Ein Frankfurter Kellner hingegen ist der Meinung, dass die Höhe des Trinkgelds nicht von der digitalen Anzeige abhängt; wer geben möchte, wird es auch weiterhin tun.

Die Mehrheit der Deutschen gibt traditionell Trinkgeld in der Höhe von 5 bis 10 Prozent des Rechnungsbetrags. Diese Praxis steht jedoch unter Druck, da Bargeldzahlungen mit 58 Prozent der Transaktionen zwar noch vorherrschen, jedoch rückläufig sind. Das digitale Bezahlen nimmt rasant zu und mit ihm die Nutzung manipulativ gestalteter Kartengeräte, die oft voreingestellte Trinkgeldoptionen anbieten. Diese Phänomene werden als „Nudging“ beschrieben, was bedeutet, dass das Verhalten der Kunden subtil beeinflusst wird, um höhere Trinkgelder zu fördern. So finden sich in gastronomischen Einrichtungen häufig voreingestellte Optionen von 7, 10 oder gar 20 Prozent.

Technologische Entwicklungen und gesellschaftliche Auswirkungen

In Deutschland ist das digitale Trinkgeldsystem vergleichsweise neu. In Ländern wie den USA, Australien und England ist es längst gängig. In den USA liegt die durchschnittliche Trinkgeldhöhe zwischen 15 und 20 Prozent, da dort das Nettoeinkommen von Kellnern meist geringer ist. In Deutschland sind diese höheren Beiträge unüblich, wobei ein Konsens von etwa 10 Prozent als Standard gilt.

Besonders nach der Corona-Pandemie ist zu beobachten, dass viele Amerikaner bereit sind, großzügigere Trinkgelder zu geben. Diese Haltung scheint auch in Deutschland Fuß zu fassen, was als „Tipflation“ bezeichnet wird und möglicherweise die bereits angespannte Trinkgeldkultur weiter verändern könnte. Insbesondere die Verwendung von Kartenzahlungen führt dazu, dass viele Menschen kein Kleingeld mehr haben, um Trinkgeld in bar zu geben.

Das digitale Trinkgeldsystem weckt auch Bedenken unter Verbraucherschützern, die kritisch darauf hinweisen, dass die Hervorhebung der Trinkgeldoptionen die Auswahl von „kein Trinkgeld“ erschweren könnte. Es besteht die Gefahr, dass hohe voreingestellte Trinkgeldbeträge dazu führen, dass weniger Menschen überhaupt Trinkgeld geben. Studien zeigen, dass Kunden bei Kartenzahlungen tendenziell weniger Trinkgeld geben, was die Verdienstmöglichkeiten von Servicekräften negativ beeinflussen könnte. Dies könnte die Attraktivität von Berufen im Gastgewerbe und Dienstleistungssektor weiter verringern.

Insgesamt zeigt sich, dass das digitale Trinkgeldsystem in Deutschland zwar für einige eine wichtige Hilfe darstellt, es aber auch grundlegend die Trinkgeldkultur und die damit verbundenen sozialen Normen herausfordert. Die Frage bleibt, wie lange sich diese Entwicklungen positiv auf die Servicekräfte auswirken können, wenn das Trinkgeld durch technische Hilfsmittel immer mehr zum Thema des Drucks wird.

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