
Frauen, die in Bayern einen Schwangerschaftsabbruch in Erwägung ziehen, stehen vor erheblichen Herausforderungen. Eine aktuelle Studie zeigt, dass Bayern in Deutschland hinsichtlich der Erreichbarkeit von Abtreibungsstellen auf dem letzten Platz rangiert. Laut pnp.de müssen viele Frauen weite Strecken zurücklegen, um eine entsprechende Einrichtung zu erreichen. Fast 20 % der bayerischen Bevölkerung lebt in Regionen, in denen der nächste Abtreibungsanbieter mehr als 40 Auto-Minuten entfernt ist.
Professorin Daphne Hahn von der Hochschule Fulda bringt die Situation auf den Punkt und sagt, dass Bayern als eines der am schlechtesten versorgten Bundesländer gilt. Während im vergangenen Jahr etwa 12.000 Schwangerschaftsabbrüche in Bayern registriert wurden, gibt es lediglich 87 ambulante und stationäre Einrichtungen für Abtreibungen im gesamten Freistaat. Dies führt dazu, dass die meisten Frauen im Alter von 15 bis 49 Jahren in Deutschland auf eine einzige Abtreibungseinrichtung kommen.
Regionale Unterschiede und Barrieren
Besonders in Oberfranken ist die Lage angespannt: Hier gibt es nur eine Abtreibungseinrichtung, während Oberbayern mit 46 Einrichtungen am besten versorgt ist. In der Oberpfalz sind es drei und in Niederbayern vier. Die Verteilung der Einrichtungen wird von vielen als unzureichend angesehen, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass es viele ältere Ärzte gibt, die in den Ruhestand gehen, und die Nachfolge oft nicht gesichert ist.
Am Gesundheitsministerium Bayern wird die Versorgung derzeit als ausreichend angesehen. Dies basiert auf einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1993. Dennoch gibt es immer wieder politische Bemühungen um eine Verbesserung der Rahmenbedingungen. Ein Gesetzentwurf zur Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen in den ersten zwölf Wochen wurde allerdings im Februar 2023 abgelehnt.
Umfassende Erhebung zur Lebenssituation ungewollt schwangerer Frauen
Parallel zu diesen Entwicklungen zeigt eine umfassende Erhebung, die als ELSA-Studie bekannt ist und vom Ärzteblatt gefördert wurde, dass auch deutschlandweit erhebliche Barrieren für ungewollt schwanger gewordene Frauen bestehen. Viele erleben Hürden bei der Informationssuche und beim Zugang zu Versorgungsangeboten. Stigmatisierung ist ein weiteres Problem, von dem sowohl Frauen als auch die Ärzte, die Abtreibungen durchführen, betroffen sind.
Die ELSA-Studie befragte über 5.000 Frauen, darunter etwa 600 mit Schwangerschaftsabbruch, und stellte fest, dass 4,5 Millionen Menschen in Deutschland außerhalb einer angemessenen Erreichbarkeit zu einem Abtreibungsangebot leben. Besonders in 85 von 400 Landkreisen, hauptsächlich in Bayern und umliegenden Bundesländern, wird die Erreichbarkeit nicht erfüllt. Zudem berichten 65 % der befragten Ärzte von Anfeindungen und Stigmatisierungen.
Die Lebenslagen der ungewollt Schwangeren sind heterogen, und ungünstige Lebensumstände sind häufig Gründe für eine ungewollte Schwangerschaft. Psychische Folgen der Entscheidung für oder gegen das Austragen der Schwangerschaft scheinen jedoch langfristig nicht signifikant zu sein.
Angesichts dieser herausfordernden Situation und der anhaltenden Stigmatisierung in der Gesellschaft ist es erforderlich, die Rahmenbedingungen für ungewollt schwangere Frauen in Bayern und Deutschland insgesamt zu verbessern. Der Abschlussbericht der Studie, die im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums durchgeführt wurde, wird im zweiten Quartal 2024 erwartet und könnte weitere Licht ins Dunkel bringen.