
Am 13. Januar 2025 versammelten sich die Verteidigungsminister von Polen, Deutschland, Frankreich, Italien und Großbritannien im Schloss Helenów, in der Nähe von Warschau, um die Bedeutung der Rüstungszusammenarbeit in Europa zu besprechen. Der ukrainische Verteidigungsminister war per Video zugeschaltet und betonte die wichtige Rolle der Unterstützung der Ukraine durch die europäischen Partner. Diese Zusammenkunft wurde als Reaktion auf die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten betrachtet, da die Minister befürchten, dass Trump die amerikanische Unterstützung für die Ukraine möglicherweise einstellen könnte. Die Minister unterstrichen die Notwendigkeit, die Zusammenarbeit in der Rüstungsindustrie zu intensivieren, um auf die veränderte sicherheitspolitische Lage zu reagieren.
Polens Verteidigungsminister Władysław Kosiniak-Kamysz erklärte, dass die Zusammenarbeit mit der Ukraine in der Rüstungsproduktion bislang nicht ausgeschöpft sei. Ziel sei es, das Jahr 2025 zum Jahr des Ausbaus der Rüstungsindustrie in Europa zu erklären. Unter dem Vorsitz von Polen, das am 1. Januar die EU-Ratspräsidentschaft übernommen hat, liegt ein klarer Fokus auf der Sicherheit und Verteidigungsfähigkeit der Mitgliedstaaten der Europäischen Union.
Strategische Ziele der Rüstungskooperation
Die Minister formulierten mehrere Hauptziele für die Zusammenarbeit, darunter die Anpassung an den tatsächlichen Bedarf, die Schaffung einheitlicher Standards, eine beschleunigte Produktion und die Gewährleistung der Kompatibilität der Systeme. Eine spezielle Arbeitsgruppe wird einberufen, um Joint Ventures zu fördern und Synergien in den Bereichen Lieferung, Ausbildung und Lehre zu schaffen. Zu den beteiligten Institutionen gehören NSATU, Eumam und UDCG. Zudem wurde auf die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen deutschen und ukrainischen Unternehmen bei der Herstellung von Drohnen verwiesen.
Im Rahmen der Zusammenkunft bekräftigten die Minister ihre Unterstützung für die Ukraine im Kampf gegen Russland. Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk plant, während der EU-Ratspräsidentschaft Fortschritte bei den Friedensverhandlungen zwischen der Ukraine und Russland zu erzielen. Tusk steht zudem vor einem wichtigen Treffen der NATO-Alliierten im Ostseeraum.
Übergabe neuartiger Waffensysteme
Ein zentrales Ereignis fand in Kassel statt, wo Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius die erste von insgesamt 54 Radhaubitzen (RCH 155) an den ukrainischen Botschafter Oleksij Makejew übergab. Diese neuartige Waffe, die vom deutsch-französischen Rüstungsunternehmen KNDS produziert wird, stellt einen technologischen Fortschritt dar. Die RCH 155 ist eine „Remote Controlled Howitzer“, die aus der Ferne bedient werden kann, was die Sicherheit des Bedienpersonals erhöht.
Die RCH 155, die auf acht Rädern fährt, hat eine Kampfgewicht von 40 Tonnen und kann auf der Straße Geschwindigkeiten über 100 km/h erreichen. Das Geschütz verlangt nur eine kleinere Besatzung von zwei Personen, im Gegensatz zu fünf für die Panzerhaubitze 2000. Diese Radhaubitze kann bis zu neun Schüsse pro Minute abfeuern und nimmt an der „shoot-and-scoot“-Taktik teil, indem sie aus der Bewegung heraus schießen kann.
Europäische Verteidigungsstrategie im Kontext des Ukraine-Kriegs
Die strategische Zusammenarbeit im Rüstungsbereich wird auch vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine betrachtet. Dieser Konflikt hat die Europäische Kommission und den Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik dazu veranlasst, die erste Strategie für die Verteidigungsindustrie auf EU-Ebene (EDIS) zu entwickeln. Ziel dieser Strategie ist es, die Wettbewerbsfähigkeit und Einsatzbereitschaft der europäischen Verteidigungsindustrie zu stärken und eine effiziente kollektive Verteidigungsnachfrage der Mitgliedstaaten zu erreichen.
Um den Anforderungen der Sicherheitslage gerecht zu werden, strebt die EU bis 2030 an, mindestens 35% des EU-Verteidigungsmarktes intern zu handeln und 40% der Verteidigungsgüter gemeinschaftlich zu beschaffen. Exekutiv-Vize-Präsidentin Margrethe Vestager und HRVP Josep Borrell betonen die Bedeutung koordinierter Investitionen für die Verteidigungsinfrastruktur der EU. Diese Maßnahmen sind nicht nur von Bedeutung für die EU-Bürger, sondern auch für zentrale Partner wie die NATO und die Ukraine.
Insgesamt zeigen die jüngsten Entwicklungen einen klaren Trend hin zu einer verstärkten Rüstungszusammenarbeit in Europa, die sowohl als Antwort auf sicherheitspolitische Herausforderungen als auch zur Unterstützung der Ukraine im aktuellen Konflikt dient.