
Die AOK Ostwürttemberg, die größte Krankenkasse in der Region, hat kürzlich alarmierende Entwicklungen im Zusammenhang mit dem Krankenstand in Ostwürttemberg festgestellt. Die Debatte um die Einführung eines Karenztages, die von Allianz-Chef Oliver Bäte angestoßen wurde, wirft Fragen auf, insbesondere hinsichtlich der finanziellen Belastung der Arbeitgeber und der gesundheitlichen Auswirkungen auf die Beschäftigten. Experten warnen vor möglichen langfristigen Konsequenzen dieser Maßnahme.
Der Krankenstand in Ostwürttemberg beträgt aktuell 6,2 Prozent, was einen Rückgang im Vergleich zu 2022 darstellt, als dieser bei 6,8 Prozent lag. Dennoch stieg der Krankenstand im ersten Halbjahr 2024 leicht auf 6,3 Prozent. Dies zeigt, dass die Situation weiterhin angespannt bleibt. Die AOK berichtet, dass der Krankenstand in ganz Baden-Württemberg im Jahr 2023 bei 5,9 Prozent lag, was 0,5 Prozentpunkte unter dem Vorjahr liegt. Im bundesweiten Vergleich führt Sachsen-Anhalt mit einem Krankenstand von 7,8 Prozent.
Ursachen für den Anstieg
Eine Analyse der AOK Ostwürttemberg zeigt, dass die durchschnittliche Krankheitsdauer pro Fall bei 9,9 Kalendertagen liegt, was einen Rückgang von etwa drei Prozent darstellt. Diese Entwicklung könnte teilweise durch die telefonische Krankschreibung während der Corona-Pandemie beeinflusst worden sein. AOK-Pressesprecher Oliver Bayer verweist zudem auf die seit 2023 eingeführte elektronische Arbeitsunfähigkeitsmeldung (eAU), die eine genauere Erfassung kurzer Arbeitsunfähigkeiten ermöglichen soll.
Die häufigsten Gründe für Krankschreibungen sind Muskel- und Skelett-Erkrankungen sowie Erkrankungen der Atemwege. Besonders besorgniserregend sind psychische Erkrankungen, deren Fehlzeiten in den letzten zehn Jahren um nahezu 47 Prozent zugenommen haben. Die durchschnittliche Dauer eines Erkrankungsfalls aufgrund psychischer Erkrankungen beläuft sich auf beeindruckende 28,1 Tage, während Atemwegserkrankungen durchschnittlich 6,1 Tage Ausfallzeit verursachen.
Kritik am Karenztag
Oliver Bäte hat im „Handelsblatt“ argumentiert, dass die Kosten für den ersten Krankheitstag von den Arbeitnehmern selbst getragen werden sollten, um die Arbeitgeber zu entlasten. Diese Aussage stößt auf gemischte Reaktionen. Sepp Müller von der CDU zeigt sich offen für Bätes Vorschlag, während IG Metall kritisiert, dass dies die soziale Sicherheit gefährden könnte. Der Deutsche Gewerkschaftsbund warnt zudem vor einer steigenden Tendenz, dass Beschäftigte auch bei Krankheit zur Arbeit erscheinen.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verweist darauf, dass die hohen Krankheitszahlen auch auf Versäumnisse bei der Prävention chronischer Krankheiten zurückzuführen sind. Für die AOK Ostwürttemberg bleibt das Führungsverhalten der Unternehmen eine entscheidende Einflussnahme auf Krankenstand, Motivation und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter. Anja Mäurer von der AOK berät daher Unternehmen der Region zur gesunden Gestaltung der Arbeitsumgebung.
Die AOK bietet Gesundheitsanalysen und Beratungsdienste an, um Unternehmen mit erhöhtem Krankenstand zu unterstützen und solutions für die Herausforderungen am Arbeitsplatz zu finden. In einer alternden Gesellschaft, wie sie die aktuelle Situation widerspiegelt, sind solche Maßnahmen essenziell, um eine langfristige Stabilität der Sozialsysteme sicherzustellen.