
In Österreich stehen die politischen Kräfte vor einem Umbruch, da die Parteien der Mitte die Gelegenheit verpasst haben, zusammenzuwirken. Es wird zunehmend deutlich, dass eine zukünftige Regierung nur in Beteiligung oder unter der Führung von Herbert Kickl gebildet werden könnte. Ein bekanntes Zitat über Österreich besagt, dass dort alles 50 Jahre später passiert, was den gemütlichen Lebensstil und die langsame Reaktion auf politische Veränderungen beschreibt. Außenstehende betrachten Österreich oft mit einer gewissen Belustigung und Sympathie, während politische Verwerfungen als skurril wahrgenommen werden, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet.
Herbert Kickl, der Vorsitzende der FPÖ, hat eine extremere Politik eingeführt. Die FPÖ fordert die Einführung einer Meldestelle für Lehrkräfte, die gegen die „gebotene Neutralität“ verstoßen, und schlägt vor, die Strafmündigkeit von Jugendlichen auf 12 Jahre abzusenken. Darüber hinaus sollen Hasskommentare im Internet nur bei Gewaltaufrufen bestraft werden. Die Partei lehnt die Anerkennung gesellschaftlicher Vielfalt ab und bezeichnet diese als „Gehirnwäsche“. Ein weiterer Punkt in ihrem Programm ist die Verankerung von nur zwei Geschlechtern in der Verfassung.
FPÖ-Politik und gesellschaftliche Auswirkungen
Wirtschaftlich setzt sich die FPÖ für Steuergeschenke an Reiche ein und spricht sich gegen die Einführung einer Millionärssteuer aus. Zudem plant die Partei, Sozialleistungen zu kürzen und die Arbeiterkammer, die Arbeitnehmerinteressen vertritt, zu schwächen. Auch eine Privatisierung der Pensionsvorsorge steht auf der Agenda, was potenzielle Unsicherheiten beim Pensionsbezug zur Folge haben könnte. Ein gravierender Punkt ist die Absicht, das Asylrecht durch Notgesetze auszusetzen und die Staatsbürgerschaft bei kleineren Vergehen zu entziehen, wie Kontrast.at aufzeigt.
Kickl hat die Abtreibung als „persönliche Willkür“ bezeichnet und lehnt einen kostenlosen Zugang zu Verhütungsmitteln ab. Obendrein plant die FPÖ eine Zerschlagung der Arbeiterkammer. Auf europäischer Ebene zeigt die FPÖ ein negatives Verhältnis zur EU und wird als „Anti-EU“-Partei wahrgenommen. Kickl empfiehlt außerdem Ivermectin als alternatives Heilmittel gegen Corona und leugnet den menschengemachten Klimawandel, während er sich gegen Tempolimits sowie Verbrennermotorenverbote ausspricht. Zudem stellt Kickl die europäische Menschenrechtskonvention in Frage und schlägt vor, diese durch eine nationale Konvention zu ersetzen. Ein dunkler Punkt in seiner Rhetorik ist die Andeutung einer „Fahndungsliste“ für politisch Andersdenkende.
Die FPÖ hat enge Beziehungen zur Partei „Geeintes Russland“ von Vladimir Putin, und Kickl hat sich wiederholt positiv über rechtsextreme Gruppierungen geäußert und deren Forderungen nach Massenvertreibungen verteidigt, was zu einer Verharmlosung der Verbrechen der Waffen-SS führte.