
Am Abend des 26. Februar 2025 veröffentlichte der Hessische Rundfunk (HR) Auszüge aus einem Untersuchungsbericht der Kanzlei Feigen Graf. Dieser Bericht befasst sich mit den Antisemitismus-Vorwürfen der Frankfurter Professorin Haya Schulmann. Sie warf der Moderatorin Selma Üsük vor, sie während einer Technikprobe am 28. Januar beleidigt zu haben. Laut Schulmann reagierte Üsük auf die Erwähnung ihres Namens „Israel“ mit einem herabsetzenden „Bäääh“ und einer herausgestreckten Zunge, was sie als antisemitische Beleidigung interpretierte. Der HR bedauert die Wahrnehmung von Schulmann, weist jedoch entschieden den Vorwurf antisemitischen Verhaltens zurück.
Der Bericht der Kanzlei kommt zu dem Schluss, dass die Anschuldigungen nicht bestätigt werden konnten. Es ist unumstritten, dass es während des Vorgesprächs eine Reaktion von Üsük gab, jedoch ist die Art dieser Reaktion strittig. Stimmen aus dem Studio berichteten von unterschiedlichen Lauten, die von „Mmh“, „Ah“ bis hin zu „Bäääh“ reichten. Schulmann äußerte in einem LinkedIn-Post, dass die Berichte über die Reaktionen relativiert wurden. Die Kanzlei betonte, dass dies möglicherweise durch den Einfluss der medialen Berichterstattung beeinflusst sein könnte. Trotz des Berichts hält Schulmann an ihren Vorwürfen fest und kritisierte die Unabhängigkeit der Kanzlei.
Reaktionen und rechtliche Schritte
Selma Üsük zeigt sich tief betroffen von den Vorwürfen und erklärte, dass sie sich keiner Fehlverhaltens bewusst sei. Ihr Anwalt, Michael Philippi, hat angekündigt, rechtliche Schritte gegen Teile der Medienberichterstattung und die Aussagen von Schulmann einzuleiten. Die Unsicherheit über die Vorfälle bleibt bestehen, da es keine gemeinsame Erklärung zwischen HR und Schulmann gibt, die die unterschiedlichen Ansichten klären könnte.
Die Welt der Medien ist nicht nur durch diesen Vorfall geprägt, sondern auch durch die allgemeine Wahrnehmung und Verbreitung von Antisemitismus. Der Ausbruch der COVID-19-Pandemie brachte eine verstärkte Verbreitung antisemitischer Inhalte im Internet mit sich. Antisemitische Verschwörungsmythen, die Jüdinnen, Juden und den Staat Israel in den Fokus rücken, sind weit verbreitet. Diese Mythen beschuldigen die jüdische Gemeinschaft, das Virus als Teil eines großen Plans zur Weltherrschaft zu nutzen und werden besonders im digitalen Raum, durch Anonymität und soziale Medien, verstärkt verbreitet.
Antisemitismus im digitalen Raum
Laut einer Online-Umfrage von 2017 nehmen 70% der Befragten in Deutschland häufig Antisemitismus im Internet wahr. Zudem bewertet eine Studie der European Union Agency for Fundamental Rights aus dem Jahr 2018, dass 89% der Befragten Antisemitismus im Internet als großes Problem ansehen. Diese verstärkt wahrgenommenen Probleme stehen im starkeren Mittelpunkt der gesellschaftlichen Diskussion.
Die Normalisierung von Antisemitismus im digitalen Raum stellt eine erhebliche Herausforderung für politische und zivilgesellschaftliche Institutionen dar. Ein Beispiel dafür ist, dass antisemitische Stereotype oft mit aktuellen Ereignissen, wie dem Nahost-Konflikt oder der COVID-19-Pandemie, verknüpft werden. Solche Entwicklungen geben Anlass zur Sorge, denn sie sind nicht nur in radikalen Ecken des Internets zu finden, sondern auch im Mainstream öffentlicher Diskurse.
Der Vorfall um Haya Schulmann und den Hessischen Rundfunk wirft somit nicht nur Fragen zur Fairness und Ethik im Journalismus auf, sondern spiegelt auch die tiefer liegenden Probleme im Umgang mit Antisemitismus wider, insbesondere in einer sich wandelnden Medienlandschaft. Die Diskussion wird sicherlich weitergehen, und es bleibt abzuwarten, wie die beteiligten Parteien auf die verschiedenen Vorwürfe reagieren.