
Italienische Kunsthändler stehen vor einer existenziellen Krise: Der Druck, das Land zu verlassen, wächst, da die Regierung versäumt hat, die Mehrwertsteuer auf Kunstwerke zu senken. In Deutschland wurde diese Steuer bereits vor einigen Monaten reduziert, was die Wettbewerbsfähigkeit italienischer Galerien zusätzlich gefährdet. Während der Arte Fiera in Bologna, einer bedeutenden Kunstmesse, protestierten Galeristen lautstark mit Trillerpfeifen gegen die Entscheidungen der italienischen Regierung, welche die Senkung der Mehrwertsteuer nicht in das aktuelle Kulturdekret aufgenommen hat. Organisiert wurde der Protest von dem Verband Italics, der 74 wichtige italienische Galerien vereint und die Dringlichkeit der Situation unterstreicht.
Die aktuelle Mehrwertsteuer auf Kunsttransaktionen in Italien beträgt 22 Prozent, während sie in Frankreich lediglich 5,5 Prozent und in Deutschland 7 Prozent beträgt. Diese Unterschiede stellen einen signifikanten Wettbewerbsnachteil dar, vor dem viele Galeristen warnen. Simone Menegoi, der künstlerische Direktor der Arte Fiera, machte auf die gefährdete Wettbewerbsfähigkeit italienischer Galerien aufmerksam. Enea Righi, Geschäftsführer der Bologneser Messe, berichtete von Galerien, die ernsthaft daran denken, ins Ausland zu ziehen.
Proteste und Besorgnis um die Kultur
Der Protest auf der Arte Fiera wurde als deutliches Zeichen für die weitreichenden ökonomischen und kulturellen Schäden gewertet, die die ausbleibende Steuerreform verursacht. ITALICS veröffentlichte ein Kommuniqué, in dem die Organisation ihr „tiefes Erstaunen und große Besorgnis“ über die Entscheidungen der Regierung ausdrückte. Die Galeristen äußerten in den Messehallen ihren Unmut und forderten eine Neubewertung der kulturellen politischen Entscheidungen, die schon jetzt negative Auswirkungen auf die Zukunft der italienischen Kreativwirtschaft haben.
Die Galeristen kritisieren zudem, dass die italienische Regierung die Chancen der EU-Richtlinie 2022/542 ignoriert. Im Gegensatz zu anderen Ländern, die zügig auf diese Entwicklungen reagiert haben, erschien Italien gleichgültig gegenüber dem ökonomischen und kulturellen Wert des Kunstmarktes. Die Galeristin Raffaella Cortese forderte eine drastische Senkung der Mehrwertsteuer und betonte, wie wichtig Galerien für den Aufbau und Export von Künstlern sind.
Langfristige Auswirkungen und notwendige Reformen
Die Bedenken um die Steuerreform gehen über die Mehrwertsteuer hinaus. Kritiker aus dem Kunstbereich, wie Michele Casamonti von Tornabuoni Art, bemängeln das mangelnde Engagement der Regierung zur Unterstützung privater Unternehmen im Kulturbereich. Zudem gibt es Sorgen, dass die ausbleibende Senkung der Steuer den Schwarzmarkt anheizen könnte. Ein Umdenken in der Steuergesetzgebung könnte paradoxerweise dazu führen, dass die Steuereinnahmen steigen.
Federico Mollicone, Vorsitzender des Kulturkomitees in der Abgeordnetenkammer, kündigte an, dass Reformen notwendig seien. Aufgrund von zeitlichen Einschränkungen konnte die Regierung jedoch die Reform im letzten Dekret nicht umsetzen. Der Kunstmarkt in Italien wird stark beeinflusst von bürokratischen Hürden und unklaren Richtlinien, die die Professionalität und Seriosität der Marktakteure beeinträchtigen.
Zusammenfassend steht Italien vor einer kritischen Phase auf dem internationalen Kunstmarkt. Während der Druck von innen und außen steigt, bleibt abzuwarten, ob die Regierung die notwendigen Schritte unternimmt, um die Kultur- und Kreativwirtschaft nachhaltig zu unterstützen.