
Egbert Wörner, der am 29. Januar 1945 an Bord der „Wilhelm Gustloff“ geboren wurde, hat die wohl größte Schiffskatastrophe der Geschichte überlebt. Jetzt, 79 Jahre alt, lebt er in Deutschland und erinnert sich nicht an das Unglück. Vielmehr sind es die Geschichten seiner Mutter, Ingeborg Piepmeyer, die das Trauma seiner Geburt und der Schiffsversenkung prägten. Die „Gustloff“ war zu dieser Zeit ein überfüllter Vergnügungsdampfer, der Tausende von Flüchtlingen aus dem von der Roten Armee belagerten Ostpreußen in den Westen bringen sollte. Wörners Mutter war hochschwanger und auf der Flucht, um ihren Verlobten zu heiraten.
Es war spät in der Nacht, als sie Egbert auf dem Schiff zur Welt brachte, nur wenige Stunden vor der Katastrophe. Um 23:30 Uhr erblickte er das Licht der Welt. Doch die Freude war nur von kurzer Dauer. Nur wenige Stunden nach seiner Geburt wurde die „Gustloff“ von einem sowjetischen U-Boot torpediert. Über 9.000 Menschen verloren an diesem fatalen Abend ihr Leben. Die Tragödie geschah während des Chaos, als Wörners Mutter ihn in einem rettenden Moment im Gedränge an einen Soldaten übergeben musste, der ihn dann auf ein anderes Schiff brachte.
Die Versenkung der „Gustloff“
Die „Wilhelm Gustloff“ wurde am 30. Januar 1945 von einem sowjetischen U-Boot unter dem Kommando von Alexander Marinesko versenkt. Das Schiff war mit über 10.000 Menschen besetzt, dominierten Frauen und Kinder. Der erste Torpedo traf das Vorschiff, der zweite explodierte im Schwimmbad, gefolgt von einem dritten, der den Maschinenraum zerstörte. Die Folgen waren katastrophal: Mit einer Schlagseite von acht Grad erloschen die Lichter und Panik breitete sich aus. Viele Passagiere wurden auf den engen Gängen zu Tode getrampelt, während die Rettungsboote vereiste und schwer zu Wasser gelassen werden konnten. Etwa 1.200 Personen konnten gerettet werden, während die Mehrheit, mehr als 9.000, ertrank oder in den kalten Gewässern der Ostsee umkam.
Diese Tragödie hat einen bleibenden Eindruck hinterlassen, doch für Wörner galt es zu überleben. Er wuchs in Schwerin auf, zog 1959 in den Westen und arbeitete als Elektrotechniker. Seit fast 60 Jahren ist er verheiratet und hat einen Sohn sowie zwei Enkelkinder. Er glaubt, dass viele Menschen wenig über diese Katastrophe wissen, und plant, seinen 80. Geburtstag im kleinen Kreis mit Familie und Freunden zu feiern. Die Bedeutung und das Ausmaß des Unglücks sowohl für Überlebende als auch für die Öffentlichkeit verblassen oftmals in der historischen Wahrnehmung.
Ein unvergessenes Erbe
Der Untergang der „Wilhelm Gustloff“ zeigt, wie die Schifffahrt durch gezielte Versenkungen tiefgreifenden historischen Umwälzungen ausgesetzt ist. In der Liste der Katastrophen der Schifffahrt stellt die „Gustloff“ einen der schwersten Seeunfälle dar, bei dem nicht nur technische Defekte, sondern vor allem die Schrecken des Krieges zum Tragen kamen. Historiker wie Axel Schildt betonen, dass das Schicksal der „Gustloff“ im Kontext des Zweiten Weltkriegs betrachtet werden muss. Trotz ihrer Zivilbelegung waren Soldaten an Bord und das Schiff war mit Fliegerabwehr ausgestattet, was die Debatte um die Klassifikation der Versenkung weiter erschwert.
Die Tragödie bleibt eine der dunkelsten Stunden der maritimen Geschichte. Die Erinnerungen an Egbert Wörner und andere Überlebende bewahren das Erbe derer, die in dieser Katastrophe ihr Leben verloren, und mahnen, dass diese Geschichte nicht in Vergessenheit gerät. Während Wörner plant, seinen kommenden Geburtstag im Kreise seiner Lieben zu feiern, gedenkt er auch der vielen Unbekannten, deren Schicksal unfassbar bleibt, und für die das Erbe der „Gustloff“ eine ständige Mahnung ist.
Für weitere Details über die Schiffskatastrophe und ihre historischen Umstände ist der Artikel von maz-online.de unerlässlich. Ergänzend bietet ndr.de eine detaillierte Chronologie des Unglücks. Für eine umfassende Liste ähnlicher Katastrophen der Schifffahrt kann wikipedia.org konsultiert werden.