
Spinnen sind nicht nur faszinierende Lebewesen, sondern verfügen auch über außergewöhnliche Sinne. Eine aktuelle Studie, die in der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences“ veröffentlicht wurde, hat ergeben, dass Spinnen haarähnliche Sensillen mit Poren nutzen, um flüchtige Substanzen und damit Gerüche wahrzunehmen. Diese Forschung wurde von einem internationalen Autor*innenteam unter Leitung von Prof. Dr. Gabriele Uhl von der Universität Greifswald durchgeführt und von der DFG gefördert.
Insbesondere die Männchen der Wespenspinne (*Argiope bruennichi*) besitzen an allen Beinen Tausende dieser Sensillen, die zum Erkennen von Sexuallockstoffen beitragen. Der Geruchssinn dieser Spinnen spielt eine entscheidende Rolle für ihr Überleben und ihre Fortpflanzung, da er ihnen hilft, Beute, Raubtiere und Paarungspartner zu identifizieren. Bisher lag der Fokus der Forschung größtenteils auf der Chemosensorik bei Insekten, während das Potenzial der Spinnen in diesem Bereich weitgehend unerforscht geblieben ist.
Wissenschaftliche Erkenntnisse
Das Greifswalder Forschungsteam konnte mit hochauflösendem Feldemissions-REM bei den Männchen der Wespenspinne die Sensillen nachweisen. Diese Art gehört zu den wenigen Spinnen, die ein bekanntes Sexualpheromon produziert, um Weibchen zur Anlockung von Männchen zu bewegen. Innen sind die Sensillen mit Lymphe gefüllt und enthalten Fortsätze von Neuronen. Dr. Hong-Lei Wang von der Universität Lund hat die Reaktion dieser Sensillen auf das artspezifische Sexualpheromon untersucht und berichtete von einer deutlichen und konzentrationsabhängigen neuronalen Reaktion auf das Pheromon.
In einer umfassenden Untersuchung von 19 Spinnenarten wurden Sensillen bei den meisten, aber nicht bei allen Arten gefunden. Vorläufige Daten deuten darauf hin, dass die Geruchswahrnehmung mit diesen Sensillen nicht das Basisprinzip bei Spinnen darstellt. Künftige Forschungen sollen die Bedeutung des Geruchssinns innerhalb unterschiedlicher Spinnengruppen sowie die Unterschiede zur Chemosensorik bei Insekten näher beleuchten. Ziel ist ein besseres Verständnis der ökologische Rolle von Spinnen und der Evolution des Geruchssinns bei landlebenden Gliederfüßern. Weitere Informationen sind unter dem DOI: 10.1073/pnas.2415468121 abrufbar.
Zusätzlich zu diesen Erkenntnissen zeigt eine Untersuchung zur Wespenspinne (*Argiope bruennichi*), dass sie auch als Prädator für Heidelibellen fungiert. Eine Studie aus 2016 zählte 12 *Sympetrum*-Individuen in einem kleinen Schilfgebiet in Deutschland, die in den Netzwerken der Wespenspinne gefangen wurden. Die Fangstatistik verzeichnete in einem einzelnen Netz fünf gefangene *Sympetrum sanguineum*-Individuen, was auf potenzielle Auswirkungen der Ausbreitung der Wespenspinne auf die *Sympetrum*-Populationen hindeutet, insbesondere auf die Weibchen, die ihre Eier ablegen.