
Am 30. März 2025 hat die syrische Übergangsregierung unter der Leitung von Ahmed al-Scharaa eine neue Regierung angekündigt. Diese neue Regierung, die aus 22 Ministern besteht, soll den Wiederaufbau des Landes nach dem Sturz von Baschar al-Assad vorantreiben. Assad wurde im Dezember 2024 im Rahmen eines Aufstands, angeführt von der Rebellenallianz Haiat Tahrir al-Scham (HTS), abgesetzt. Ahmed al-Scharaa hatte die Koalition geleitet, die die Assad-Diktatur nach über 50 Jahren beendete.
Die erste offizielle Amtshandlung der neuen Regierung betraf die Ernennung von Hind Kabawat, die als erste Frau zur Ministerin für Soziales und Arbeit berufen wurde. Sie ist Christin und symbolisiert den Anspruch der neuen Führung auf eine inklusive Politik, die die verschiedenen religiösen und ethnischen Gruppen Syriens repräsentiert. Al-Scharaa wird die Regierung leiten, ohne dass ein spezieller Ministerpräsident ernannt wurde. Zu den neuen Ministern gehören mit engsten Verbündeten verbundene Personen in Schlüsselministerien wie Verteidigung, Außenpolitik und Inneres.
Herausforderungen der Übergangsregierung
Die Übergangsregierung sieht sich großen Herausforderungen gegenüber, nachdem jahrzehntelange Diktatur und Bürgerkrieg das Land verwüstet haben. Neben dem politischen Übergang ist auch gesellschaftliche Aussöhnung ein zentrales Thema. Es wird unter anderem angestrebt, staatliche Institutionen auf der Grundlage von „Verantwortung und Transparenz“ neu zu errichten. Die Regierung muss Maßnahmen zur Entwaffnung von Milizen und zur Eingliederung in eine neue Armee ergreifen sowie den Kampf gegen den Islamischen Staat neu organisieren.
Diese neuen Machthaber kontrollieren jedoch nicht das gesamte syrische Territorium. Im Nordosten wird das Gebiet von den Syrischen Demokratischen Kräften (SDF) gehalten, während die Türkei Teile im Norden besetzt hat. Zudem gibt es anhaltende Konflikte zwischen der Syrischen Nationalarmee und den SDF im Norden, was die Stabilisierung des Landes zusätzlich erschwert. Auch die geostrategischen Interessen anderer Länder, wie die Militärpräsenz Israels und die zurückhaltende Haltung der USA zur zukünftigen Ausrichtung Syriens, prägen das politische Klima.
Blick in die Zukunft
Eine nationale Dialogkonferenz fand Ende Februar 2025 in Damaskus statt, an der 900 Teilnehmer teilnahmen. Die Frage, wie schnell und in welcher Form Neuwahlen stattfinden können, bleibt unklar. Al-Scharaa schätzt, dass es bis zu vier Jahre dauern könnte, bis es zu ehrlichen Wahlen kommt. Gleichzeitig besteht ein großes Risiko von Menschenrechtsverletzungen durch die neuen Sicherheitsdienste, was den Prozess der gesellschaftlichen Aussöhnung behindern könnte.
Die neuen Machthaber in Damaskus sind bestrebt, die Isolation des Landes zu brechen und Kontakte zu Golfstaaten sowie dem Westen zu suchen, um Unterstützung für den Wiederaufbau zu mobilisieren. Die Türkei verfolgt dabei unter anderem das Ziel, eine stabile und inklusive syrische Regierung zu fördern und eine Reform des syrischen Sicherheitssektors zu unterstützen. Die Herausforderungen bleiben jedoch immens, und die neuen Machthaber müssen sorgfältig die Balance zwischen den Erwartungen der Bevölkerung, den Minderheiten und ausländischen Unterstützern wahren.
Der Weg Syriens in eine neue Ära ist gezeichnet von Unsicherheit, aber auch von der Hoffnung auf einen friedlichen und inklusiven politischen Prozess, der dem traumatisierten Land helfen kann, sich zu erholen und zu stabilisieren. Die internationale Gemeinschaft, insbesondere Deutschland und die EU, sind in der Verantwortung, zur Stabilisierung beizutragen und Konflikte zu vermeiden, die mit möglichen Flüchtlingsbewegungen einhergehen.
Für weitere Informationen lesen Sie Merkur und New York Times.