
Der Europäische Biber, das größte Nagetier Europas, erlebt eine bemerkenswerte Rückkehr in Niedersachsen. Bertram Preuschhof erkundet im Landkreis Göttingen eine Lichtung am Wendebach, wo sich die Biber eigenständig angesiedelt haben. Der Wendebach fließt in einen Stausee und ist von Bäumen und dichtem Gebüsch umgeben. An einer Halbinsel hat Preuschhof Zeichen der Biberaktivität entdeckt: mehrere Dutzend Weiden wurden gefällt. Diese Wiederansiedlung ist das Resultat erfolgreicher Schutz- und Wiederbelebungsprojekte, die in den letzten Jahrzehnten initiiert wurden.
Bis vor nicht allzu langer Zeit waren Biber in Deutschland nahezu verschwunden. Wegen ihres Pelzes, Fleisches und Duftsekrets wurden sie stark bejagt. Im 19. und 20. Jahrhundert nahm ihre Zahl dramatisch ab, was dazu führte, dass der ursprüngliche Bestand auf über 100.000 Tiere geschätzt wurde. Heute leben jedoch wieder mehrere Hundert Biber in Niedersachsen, was das Ziel von Naturschutzorganisationen widerspiegelt.
Die Rolle der Biber im Ökosystem
Biber sind nicht nur für ihre Größe bekannt; sie spielen auch eine wichtige Rolle im Ökosystem. Preuschhof betont, dass die Aktivitäten der Biber Lebensräume für viele andere Arten schaffen. Diese Nagetiere sind Vegetarier und ernähren sich von Weidenrinde, Wildkräutern sowie Kulturpflanzen wie Mais, Raps und Getreide. Ihre Fähigkeit, Dämme zu bauen, hat weitreichende ökologische Folgen. Studien zeigen, dass Biber bei Starkregen bis zu 30% des Wassers zurückhalten können, was zur Schadensbegrenzung bei Hochwasserereignissen beiträgt, wie das Methow Beaver Project in den USA verdeutlicht, das die Bedeutung der Biber in der Gewässersanierung betont.
Allerdings gibt es auch Herausforderungen. Landwirte äußern Bedenken hinsichtlich möglicher Überschwemmungen und Schäden durch die Biber. Hubertus Berges vom Landvolk Niedersachsen erklärt, dass der Schutz der Biber nicht auf Kosten der Landwirtschaft gehen sollte. Der Konflikt zwischen Naturschutz und landwirtschaftlichem Gebrauch der Flächen bleibt somit ein zentrales Thema.
Positive Beispiele aus anderen Regionen
Das Beispiel der Stadt Martinez in Kalifornien zeigt, wie ein harmonisches Zusammenleben mit Bibern möglich ist. Heidi Perryman, eine Kinderpsychologin, wurde zur Biberaktivistin und organisierte eine Rettungskampagne, als die Stadt die Biber töten wollte. In Großbritannien wurden Biber aus Deutschland und Norwegen wieder angesiedelt, was durch das Scottish Beaver Trial formalisiert wurde. Dies erhöht die Chancen, die Biber als heimische Art anzuerkennen und ihnen entsprechende Schutzmaßnahmen zukommen zu lassen.
In Deutschland sind Biberdämme vielleicht noch selten, aber ihre Bedeutung wird zunehmend anerkannt. Als Teil von Projekten zur Revitalisierung von Gewässern in Europa, insbesondere seit der Revision des Gewässerschutzgesetzes im Jahr 2011, könnten die Aktivitäten der Biber zur ökologischen Aufwertung von Gewässerlebensräumen beitragen. Fachleute sind gefordert, diese synergetischen Möglichkeiten zwischen Bibern und menschlicher Nutzung zu erkunden.
Die Rückkehr der Biber in Niedersachsen bietet somit sowohl Chancen als auch Herausforderungen. Ihre positive Rolle im Naturschutz steht im Kontrast zu den berechtigten Bedenken der Landwirtschaft. Wie sich dieser Konflikt entwickeln wird, bleibt abzuwarten, aber die Zukunft der Biber und ihre Integrationsmöglichkeiten in unser Ökosystem scheinen vielversprechend.