
Eine internationale Forschungsgruppe, an der die Universität Göttingen beteiligt ist, hat bemerkenswerte Ergebnisse zu menschlichen Überresten aus der Maszycka-Höhle in Südpolen veröffentlicht. Laut der Studie, die in der Fachzeitschrift Scientific Reports erschienen ist, zeigen Manipulationsspuren an den über 18.000 Jahre alten Überresten deutliche Hinweise auf systematische Zerlegung und Kannibalismus.
Die Maszycka-Höhle, eine der bedeutendsten archäologischen Fundstätten der späten Altsteinzeit, liegt im Nationalpark Ojców, etwa 20 Kilometer nördlich von Krakau. Sie hat sich als wichtig für das Verständnis der Magdalénien-Epoche erwiesen, die etwa von 19.000 bis 12.000 v. Chr. datiert wird und eng mit Jagdpraktiken und sozialer Interaktion verbunden ist. Diese Epoche ist bekannt für ihre bemerkenswerten kulturellen Aspekte, die mit einer nomadisierenden Lebensweise und der Jagd auf Großwild wie Wildpferde und Rentiere verknüpft sind, während große Tiere wie Mammut und Wollnashorn stark dezimiert wurden.
Archäologische Funde und ihre Bedeutung
Insgesamt wurden 63 Knochen von zehn Individuen untersucht. Die Forschung identifizierte 36 Fälle von Schnittspuren, die auf eine Zerlegung nach dem Tod hindeuten. Zu den spezifischen Funden zählen Schädel- und Knochensplitter, die offenbar zur Gewinnung von Knochenmark bearbeitet wurden. Diese umfassenden kulturellen Bearbeitungen an den Überresten werfen Fragen auf über die sozialen dynamischen Prozesse innerhalb dieser späteiszeitlichen Gesellschaften, die möglicherweise durch Ressourcenkonflikte und territoriale Auseinandersetzungen geprägt waren.
Besonders markant ist die mögliche Differenzierung zwischen Gewaltkannibalismus und Kannibalismus aus Nahrungsmangel, die in den Ergebnissen deutlicher hervorsticht. Die Funde der menschlichen Überreste wurden mit Siedlungsabfällen vermischt gefunden, was auf einen respektlosen Umgang und eine möglicherweise ritualisierte Praxis hinweisen könnte. Diese Erkenntnisse bereichern das Verständnis der kulturellen Entwicklung in dieser Epoche und stellen die Beziehung der Menschen zu den Toten sowie den Umgang mit Nahrungsressourcen in den Mittelpunkt.
Forschungsansätze und historische Perspektive
Die Maszycka-Höhle wurde erstmals 1883/84 unter der Leitung von Gotfryd Ossowski ausgegraben, und seither hat sie zahlreiche Funde zu Tage gefördert, darunter Steinwerkzeuge und Knochenfragmente. In den letzten Ausgrabungen, die 2013 abgeschlossen wurden, haben die Forscher erhebliche Fortschritte gemacht und die Funde aus den Jahren 1883/84 sowie späterer Grabungen neu analysiert, um das Bild über die dort lebenden Menschen und deren Überlebensstrategien zu vervollständigen.
Der archäologische Kontext zeigt, dass die Menschen der Magdalénien-Epoche eine Vielzahl von Ressourcen nutzten und mit hochentwickelten Jagdtechniken agierten.
Zusammengefasst bieten die Ergebnisse dieser Studie nicht nur neue Einblicke in die Überlebensstrategien der Magdalénien-Gesellschaften, sondern auch in deren komplexe sozialen Strukturen und kulturellen Praktiken. Die Maszycka-Höhle bleibt somit ein wesentlicher Baustein für das weiterführende Verständnis unserer frühen menschlichen Vorfahren und ihrer Verhaltensweisen.