
Die medizinische Forschung hat einen entscheidenden Schritt in Richtung innovativer Therapien gemacht, die auf RNA basieren. An der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) wird in der neu gegründeten Graduiertenschule RNApp intensiv an RNA-basierten Medikamenten geforscht. Diese Schule fokussiert sich auf die Entwicklung von Therapien, die sowohl stabil als auch wirksam sind, um Ergebnisse aus der Grundlagenforschung in die klinische Praxis zu übertragen. Professor Dr. Dr. Thomas Thum, ein renommierter Forscher in der RNA-Forschung, leitet dieses Projekt, das mit 3,2 Millionen Euro vom Land Niedersachsen und der VolkswagenStiftung unterstützt wird, wobei die MHH rund 800.000 Euro erhält.
RNA spielt eine zentrale Rolle in den Zellen, insbesondere in Form von mRNA, die die Synthese von Proteinen steuert. Ein bekanntes Anwendungsbeispiel sind die mRNA-Impfstoffe gegen Coronaviren, die weltweit zur Eindämmung der Pandemie eingesetzt wurden. Aber auch nicht-codierende RNA (ncRNA) hat eine wichtige Funktion, da sie verschiedene Steuerungsmechanismen in Zellen übernimmt. Die Herausforderung bei RNA-basierten Therapien liegt jedoch in der Instabilität der Moleküle, die im Körper schnell abgebaut werden.
Forschungsschwerpunkte der RNApp
Die RNApp umfasst zwölf Promotionsprojekte von Nachwuchswissenschaftlern aus verschiedenen Disziplinen, darunter Medizin, Naturwissenschaften, Pharmazie und Ingenieurwesen. Ein zentrales Ziel ist die Entwicklung eines RNA-Wirkstoffs gegen Herzfibrose. Hierbei wird ein neuartiges Nanopartikelsystem eingesetzt, das superparamagnetische Eisenoxid-Nanopartikel (SPION) zur gezielten RNA-Freisetzung nutzt. Die ncRNA wird dabei über ein hitzeempfindliches Verbindungsstück an die SPION gekoppelt und durch Magnetfeld zum Zielort transportiert, wobei die Freisetzung der ncRNA per elektromagnetischer Erwärmung erfolgt.
Ein weiteres Teilprojekt beschäftigt sich mit der Wirkung der Telomerase in Herzmuskelzellen. Telomerase ist ein Enzym, das eine schützende Funktion für die Mitochondrien in diesen Zellen besitzt. Ziel ist es, herauszufinden, unter welchen Bedingungen der Telomerase-Baustein TERT in die Mitochondrien eingeschleust wird. Um dies zu erreichen, wird eine mRNA mit dem Bauplan für TERT in Lipid-Nanopartikel verpackt und in die Herzmuskelzellen eingebracht.
Zusammenarbeit und Forschungseinrichtungen
Die Graduiertenschule RNApp ist nicht nur an der MHH angesiedelt, sondern kooperiert auch mit der Leibniz Universität Hannover, der Technischen Universität Braunschweig, der Universitätsmedizin Göttingen sowie dem Fraunhofer-Institut für Schicht- und Oberflächentechnik. Diese interdisziplinäre Zusammenarbeit setzt Schwerpunkte in drei zentralen Bereichen: der Entwicklung von RNA-Lipid-Nanopartikeln, der optimale Trocknung und Verpackung von RNA sowie der Integration von RNA in Implantate.
Die Forschung im Bereich der mRNA-Technologie hat nicht nur in der Impfstoffentwicklung, einschließlich erfolgreich getesteter Impfstoffe gegen SARS-CoV-2, neue Horizonte eröffnet. Impfstoffe sind ein grundlegendes Bestandteil der Infektionskrankheiten-Prävention und könnten künftig auch gezielt gegen Krebserkrankungen zum Einsatz kommen. Eine zunehmende Zahl von mRNA-Impfstoffen wird entwickelt, um gegen Viren wie Dengue, Ebola, Malaria, Tuberkulose, HIV, HSV-2 und Influenza vorzugehen. Die innovativen Ansätze in der RNA-Forschung könnten damit weitreichende Auswirkungen auf die Therapie von Erkrankungen haben, die bislang nur schwer behandelbar waren.
Das Potenzial der RNA-Technologie ist enorm. Sie ermöglicht schnelle Anpassungen an neu auftretende Virusmutationen, was insbesondere wichtig für die Impfstoffentwicklung ist, und eröffnet neue Möglichkeiten in der Infektiologie sowie in anderen medizinischen Bereichen. Die Entwicklungen in der RNApp und die voraussichtlichen Fortschritte in der mRNA-Technologie lassen auf eine Zukunft hoffen, in der RNA-basierte Therapien eine zentrale Rolle in der modernen Medizin spielen werden.
Für mehr Informationen über die Entwicklungen in der RNA-Medizin und die Aktivitäten der Graduiertenschule RNApp besuchen Sie bitte die Seite der Medizinischen Hochschule Hannover sowie die Artikel auf PMCN.