
Im Vorfeld der anstehenden Koalitionsverhandlungen hat das Präsidium der SPD ein achtköpfiges Team definiert, das für die Sondierungsgespräche mit der Union verantwortlich sein wird. Mehrere prominente SPD-Politiker werden Teil des Teams sein, darunter der SPD-Chef Lars Klingbeil und seine Co-Vorsitzende Saskia Esken. Auch die Ministerpräsidentinnen Anke Rehlinger und Manuela Schwesig sowie Bundestagspräsidentin Bärbel Bas und Minister Boris Pistorius sind Mitglieder dieser Gruppe. Zudem sind Hubertus Heil, der Arbeitsminister, Achim Post, der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende aus Nordrhein-Westfalen, und Matthias Miersch, der Generalsekretär, als Protokollant dabei. Die Gespräche sollen bereits am kommenden Freitag beginnen, während die Union gleichzeitig ein eigenes Sondierungsteam ins Leben ruft. CDU-Chef Friedrich Merz steht in ständigem Kontakt zu Lars Klingbeil und strebt eine rasche Regierungsbildung an.
Merz hat bereits nach der Wahl Gespräche mit Klingbeil gesucht, mit dem Ziel, bis Ostern eine neue Regierung zu bilden. Bei den letzten Wahlen erhielt die Union 28,2% der Stimmen, während die SPD nur auf 16,4% fiel, was einen historischen Tiefpunkt für die Sozialdemokraten darstellt. In diesem Kontext fordert Klingbeil Änderungen sowohl im Ton als auch in der politischen Ausrichtung von Merz. Die Möglichkeit einer Koalition bleibt vorerst ungewiss.
Themen der Sondierungen
Zu den wichtigsten Themen für die Verhandlungen gehören unter anderem die Außen- und Sicherheitspolitik sowie die Migrationspolitik. Die Union hat klare Vorstellungen, wonach Asylbewerber an den Grenzen zurückgewiesen werden sollen und der Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte ausgesetzt werden soll. Im Gegensatz dazu möchte die SPD das bestehende Kontingent von 1.000 Visa pro Monat beibehalten. Merz hat sich zwar von dauerhaften Grenzkontrollen distanziert, schlägt jedoch vor, bis 2026 vorübergehende Kontrollen zu etablieren.
Im Bereich der Wirtschafts- und Steuerpolitik herrscht Einigkeit über die Notwendigkeit, die Wirtschaft anzukurbeln. Merz fordert umfassende Steuerentlastungen, während die SPD einen „Made in Germany“-Bonus in Aussicht stellt. Ein zentrales Anliegen der neuen Koalition wird auch die Verabschiedung des Bundeshaushalts 2025 sein. Merz zufolge dürfte die jährliche Haushaltslücke zwischen 30 und 40 Milliarden Euro liegen, um das NATO-Ziel von 2% des BIP zu erreichen. Die SPD hingegen setzt sich für eine Reform der Schuldenbremse ein, um mehr Spielraum für Investitionen zu schaffen.
Einigkeit herrscht zudem über die Unterstützung der Ukraine, wenngleich die Finanzierung zukünftiger Hilfen umstritten ist. Merz zeigt sich offen für die Lieferung von „Taurus“-Marschflugkörpern, während die SPD, unter der Führung von Scholz, dagegen ist.
Weitere Herausforderungen liegen in der sozialen und Rentenpolitik. Die Union setzt sich für die Abschaffung des Bürgergeldes ein, während die SPD einen Mindestlohn von 15 Euro fordert und ein Rentenniveau von mindestens 48% garantieren möchte. In der Steuerpolitik plant die Union, den Unternehmenssteuersatz auf maximal 25% zu senken, während die SPD die Top-Verdiener höher besteuern möchte.
Wichtige Aspekte der politischen Landschaft
Im Hinblick auf Verkehrspolitik und Klimapolitik stehen viele Fragen offen. Die Zukunft des Deutschlandtickets im Nahverkehr ist ungewiss, und die Union möchte die Bahnstruktur reformieren, was möglicherweise auf Widerstand der SPD stoßen könnte. Hinsichtlich der Klimaziele strebt die Union Klimaneutralität bis 2045 an und plant die Abschaffung von EU-Vorgaben zum Verbrennungsmotor, während die SPD ein Klimageld zur Entlastung der Bürger fordert.
Abschließend ist die Wahlrechtsreform ein weiterer umstrittener Punkt. Die Union möchte die kürzlich von der Ampel-Regierung beschlossene Reform ändern, da ihrer Meinung nach 18 Wahlkreisgewinner nicht in den Bundestag eingezogen sind. CSU-Chef Söder hat dies zur Bedingung für Verhandlungen über eine Koalition gemacht.
Die Verantwortung zur Regierungsbildung liegt in Deutschland bei den Parteien. Die ersten Sondierungen finden häufig bereits in der Wahlnacht statt. Diese informellen Gespräche sind der erste Schritt zur Suche nach einer tragfähigen Grundlage für Koalitionsverhandlungen, die in der Regel mindestens zweistufig ablaufen. Der Bundestag wird anschließend darüber entscheiden, wer den Posten des Bundeskanzlers übernehmen wird, was die Weichen für die zukünftige politische Landschaft Deutschlands stellen wird.