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Ehemaliger Raketenstützpunkt Mutlangen: Von der Bedrohung zur Ruhe?

Der Wohnpark Mutlanger Heide steht heute an der Stelle, die einst ein geheimer Militärstützpunkt der US-Armee war. Hier, auf dem Gelände der ehemaligen Pershing-II-Atomraketen, befindet sich jetzt eine Photovoltaik-Anlage der Gmünder Stadtwerke. Diese Transformation des Geländes ist ein Symbol für den Wandel, den der Ort seit den 1980er-Jahren durchlebt hat.

Mutlangen war damals ein Zentrum des Widerstands gegen die Raketenstationierung, ein epochales Ereignis im Kalten Krieg. Der Protest gegen die Aufrüstung, insbesondere die Ankunft der Pershing-II-Raketen, mobilisierte zehntausende Demonstranten und sorgte für eine immense mediale Aufmerksamkeit. Die Remszeitung berichtet, dass die lokale Bevölkerung bereits seit den 1960er-Jahren mit der Präsenz der Pershing-I-Raketen vertraut war. Die Mutlanger Heide, die vor der Stationierung vorwiegend zugänglich war, wurde jedoch in ein Sperrgebiet verwandelt.

Protestbewegung und ihre Auswirkungen

Die Proteste umfassten Blockadeaktionen, Menschenketten und wurden international verfolgt, insbesondere die prominente Blockade im September 1983 sowie die Ankunft der ersten Raketenteile im Dezember desselben Jahres. Die Situation in Mutlangen spiegelte die angespannten internationalen Beziehungen wider. In den frühen 1980er-Jahren war der Kalte Krieg von einer massiven Aufrüstung geprägt, was überall in Europa Ängste schürte. Die NATO entschied 1979, auf die sowjetische Stationierung neuer Atomraketen zu antworten und beschloss ebenfalls, eigene Mittelstreckenraketen in Westeuropa zu stationieren.

In Mutlangen wurden große Anstrengungen unternommen, um die militärischen Installationen auszubauen. Die US-Armee investierte insgesamt rund 125 Millionen Mark in die Modernisierung des Garnisonsstandorts in Schwäbisch Gmünd. Neben mehreren Wartungs- und Übungshallen entstanden große Lagergebäude, Garagenkomplexe sowie eine Fahrschule und Unterkünfte für die Soldaten. Das gesamte Militärgelände erhielt einen festungsartigen Charakter, versehen mit hohen Zäunen, Wachtürmen und intensiver Beleuchtung.

Der Widerstand der Zivilbevölkerung führte zu hart umkämpften Auseinandersetzungen zwischen Raketengegnern und der Polizei. Zeitzeugen berichten von einem Polizeieinsatz, der in Mutlangen für Aufregung sorgte. Zivilisten fühlten sich durch die Polizeigewalt ohnmächtig und erniedrigt, während einzelne Polizeibeamte sich von den gewalttätigen Einsätzen distanzierten. Michael Rumpf, ein Sprecher der Raketengegner, deutete eine mögliche Provokation durch die Polizeiführung an.

Kontext und globale Dimension

Die Ereignisse in Mutlangen fügen sich in einen breiteren historischen Kontext ein. In Ostdeutschland hatte sich eine Bürgerbewegung entwickelt, die sich gegen die staatliche Repression und Militarismus wandte. Die Geo beschreibt, dass in den 1980er-Jahren Bürgergruppen in der DDR Pazifismus forderten, während die Staatsmacht mit Gewalt und Überwachung reagierte. Der Kontrast zwischen den Militarisierungsbestrebungen in der DDR und den umfangreichen Protesten in der Bundesrepublik Deutschland war deutlich spürbar.

Die Bundesrepublik mobilisierte Hunderttausende gegen die NATO-Stationierung. Führende Gruppen wie Kirchen, Gewerkschaften und die frisch gegründete Partei „Die Grünen“ unterstützten die Bewegung. Die Proteste erreichten ihren Höhepunkt an einem Tag im Jahr 1981, als über 300.000 Menschen in Bonn für den Frieden demonstrierten.

In den Jahren danach sorgten Abrüstungsgespräche zwischen Gorbatschow und Reagan für etwas Hoffnung und führten schließlich zur Abschaffung von Mittelstreckenraketen. Doch die Erinnerungen an die Proteste und die Ängste der damaligen Zeit sind bis heute in Mutlangen lebendig.

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Mutlangen, Deutschland
Beste Referenz
remszeitung.de
Weitere Infos
spiegel.de

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