
Aktuell prägen akute Atemwegserkrankungen die Gesundheitslage in Deutschland, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen. Dies geht aus den neuesten Berichten des Robert Koch-Instituts (RKI) hervor. Die Zahlen zeigen einen dramatischen Anstieg: Bei 0- bis 4-Jährigen stieg die Anzahl akuter Atemwegserkrankungen von 13.669 auf 28.375 Fälle je 100.000 Einwohner und bei 5- bis 14-Jährigen von 6.641 auf 19.433 Fälle innerhalb von zwei Wochen. Prof. Johannes Hübner, Leiter der Infektiologie am LMU-Klinikum in München, betrachtet die Situation als typisch für die Wintersaison. Trotzdem gibt es wichtige Unterschiede zu den Vorjahren, da weniger Kinder stationär behandelt werden müssen.
Johannes Liese, Leiter der pädiatrischen Infektiologie und Immunologie am Universitätsklinikum Würzburg, äußert in diesem Kontext Bedenken zur Influenza-Immunität bei Kindern. Er vermutet, dass die pandemiebedingten Kontaktbeschränkungen dazu geführt haben, dass viele Kinder weniger Influenza-Immunität erworben haben. Diese Kinder zeigen nun im Schulalter schwerere Symptome, die sich in Form von Fieber und Abgeschlagenheit äußern. Im schlimmsten Fall können auch Lungenentzündungen auftreten.
Ein besorgniserregender Trend
Die Auslastung der Kinderkliniken steigt, jedoch ist die Kapazitätsgrenze noch nicht erreicht. Liese bemerkt, dass die aktuelle Wintersaison aktiv ist, allerdings nicht so akut wie im November 2022/23, als viele Kliniken wegen RSV-Infektionen überlastet waren. Dr. Martin Terhardt, Kinder- und Jugendarzt, weist darauf hin, dass äußere Bedingungen wie kaltes Wetter und mehr Infektionsgelegenheiten in Innenräumen ohne Schutzmaßnahmen ebenfalls zur Situation beitragen.
In Bezug auf RSV (respiratorisches Synzytialvirus) unterstreicht das RKI, dass der Krankheitsverlauf unterschiedlich schwer verlaufen kann. Während Ältere oft nur unter Symptomen einer oberen Atemwegsinfektion leiden, können Säuglinge mit schwerwiegenden Komplikationen wie Bronchiolitis konfrontiert werden. Symptome reichen von schnellem, angestrengtem Atmen über Kraftlosigkeit bis hin zu Trinkschwächen. Therapeutische Maßnahmen sind bei milden Verläufen symptomatisch, während schwere Fälle manchmal eine Sauerstoffzufuhr erfordern.
Prävention und Impfung
Die Bedeutung einer RSV-Impfung für Säuglinge könnte dazu beitragen, schwerere Verläufe bei Atemwegsinfektionen zu reduzieren. In der aktuellen Situation haben sich Eltern verpflichtet, das Verhalten ihrer Kinder genau zu beobachten. Ein hohes Fieber ist nicht immer alarmierend, solange das Kind aktiv bleibt. Bei apathischen oder stark beeinträchtigten Kindern sollte jedoch schnell ein Kinderarzt konsultiert werden.
Obwohl die Grippeimpfung für Kinder in Deutschland nicht allgemein empfohlen wird, plädiert Hübner für diese Maßnahme, um wiederum auch ältere Menschen zu schützen. Unter den gegenwärtigen Bedingungen ist es entscheidend, dass kranke Kinder nicht zu älteren Verwandten geschickt werden, um diese zu schützen. Zudem stellt das einzige Medikament gegen Influenza, Tamiflu, nur eine Option dar und wird hauptsächlich bei stationären Fällen eingesetzt.
Der aktuelle Anstieg der Atemwegserkrankungen verdeutlicht nicht nur die Herausforderungen des Gesundheitssystems, sondern weist auch auf die langfristigen Effekte der pandemiebedingten Maßnahmen auf das Immunabwehrsystem von Kindern hin. Während die Situation derzeit unter Kontrolle scheint, bleibt abzuwarten, wie sich die Ausbreitung von RSV und Influenza in den kommenden Wochen entwickeln wird. Der Gesundheitssektor bleibt aufgefordert, Vigilanz walten zu lassen und geeignete Präventionsstrategien zu entwickeln.
Weitere Informationen sind bei MDR zu finden. Detaillierte FAQs zu RSV bietet das Robert Koch-Institut. Weitere Kontextinformationen finden Sie in der Apotheken Umschau.