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Debatte um Lohnfortzahlung: Misstrauen gegenüber kranken Arbeitnehmern?

Die Debatte um die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall nimmt an Fahrt auf. Vor allem der Vorschlag von Allianz-Chef Oliver Bäte, einen Karenztag einzuführen, sorgt für kontroverse Diskussionen. Bäte schlägt vor, die Lohnfortzahlung für krankgeschriebene Arbeitnehmer erst nach einem solchen Karenztag zu starten. Er argumentiert, dies könnte die Arbeitgeber entlasten und jährlich bis zu 40 Milliarden Euro einsparen.

Die Reaktionen auf diesen Vorschlag fallen unterschiedlich aus. Dennis Radtke, Vorsitzender der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), bezeichnete ihn als „inakzeptabel“ und als Ausdruck von Misstrauen gegenüber Arbeitnehmern. Unionsfraktionsvize Sepp Müller hingegen sieht in der Idee Potenzial zur Senkung der Systemkosten und fordert eine offene Diskussion darüber.

Kontroversen und soziale Bedenken

Skepsis regt sich auch innerhalb der Gewerkschaften. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) kritisiert den Vorschlag als ungerecht und warnt vor den Folgen des sogenannten „Präsentismus“, bei dem kranke Arbeitnehmer trotz ihrer Erkrankung zur Arbeit erscheinen. DGB-Vertreter Anja Piel berichtete, dass 70 % der Beschäftigten angaben, trotz Krankheit zur Arbeit zu erscheinen.

Wirtschaftswissenschaftler Bernd Raffelhüschen unterstützt die Idee des Karenztags, schlägt jedoch zusätzlich vor, die Anzahl unbezahlter Krankheitstage auf drei zu erhöhen und eine höhere Eigenbeteiligung bei Arzneimitteln und Arztkosten einzuführen. Der Vorschlag wird auch von Monika Schnitzer, der Chefin der Wirtschaftsweisen, unterstützt, die eine Rückkehr zu Karenztagen befürwortet.

Der durchschnittliche Arbeitnehmer in Deutschland ist für 20 Tage im Jahr krankgemeldet, während der EU-Durchschnitt bei acht Tagen liegt. Jährlich zahlen Arbeitgeber etwa 77 Milliarden Euro für Gehälter von krankgeschriebenen Mitarbeitern, was rund 6 % der gesamten Sozialausgaben in Deutschland ausmacht. Diese Zahlen verdeutlichen die finanziellen Herausforderungen, mit denen Unternehmen konfrontiert sind, wenn sie Löhne während längerer Krankheitszeiten aufrechterhalten.

In der breiteren gesellschaftlichen Diskussion wird mittlerweile auch darüber nachgedacht, wie die Lohnfortzahlung und das Krankheitsmanagement in Deutschland zukunftsfähig gestaltet werden können. Forderungen nach einem „Krankenstands-Gipfel“ zur Beratung über diese Themen werden laut, und einige Politiker zeigen sich offen für eine Diskussion über Karenztage, wie Tino Sorge (CDU) es formulierte.

Die Debatte über Karenztage wirft grundlegende Fragen nach dem sozialen Schutz von Arbeitnehmern auf und ob eine Umgestaltung des Systems notwendig ist, um sowohl die Anliegen der Arbeitgeber als auch der Mitarbeiter angemessen zu berücksichtigen, wie [WELT] berichtete. Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie auch in einem Artikel von [Tagesschau].

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