
Ein wichtiger Zeuge in der Justizaffäre um die Präsidentenstelle am Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat im Untersuchungsausschuss zugegeben, sich in das Verfahren eingemischt zu haben. Ansgar Heveling, Bundestagsabgeordneter und damaliger Justiziar der Unions-Bundestagsfraktion, führte zwei Gespräche mit Bundesrichter Carsten Günther über die Besetzung der OVG-Präsidentenstelle. Trotz seiner Einlassungen bleibt die genaue Rolle Hevelings in dieser Angelegenheit umstritten.
Heveling kann sich an spezifische Formulierungen der Gespräche, die mittlerweile drei Jahre zurückliegen, nicht erinnern. Er wies jedoch darauf hin, dass er nicht behauptet habe, Koalitionskreise würden eine Frau favorisieren. Vielmehr sei es seine persönliche Meinung gewesen, dass eine Frau bei der Besetzung sinnvoll wäre. Er gab an, Günther nicht zum Rückzug seiner Bewerbung aufgefordert zu haben, sondern lediglich angedeutet zu haben, dass dieser seine Entscheidung überdenken könne.
Hintergründe der Einmischung
Seine Einmischung rechtfertigte Heveling damit, dass er als Justiziar der Unionsfraktion für die Bundesgerichte und Bundesrichter zuständig sei. Auf die Frage, woher er die Namen der Bewerber kannte, antwortete Heveling, er habe diese Informationen möglicherweise aus Justizkreisen erhalten, konnte dies jedoch nicht konkretisieren. Interessant ist zudem, dass Heveling zwar nicht beauftragt worden war, mit Günther zu sprechen, jedoch ein vorheriges Gespräch mit Nathanael Liminski, dem Chef der Staatskanzlei NRW, geführt hatte.
Oppositionsabgeordnete äußerten ihre Bedenken, da zum Zeitpunkt des ersten Gesprächs keine Bewerbung einer Frau vorlag. Sie hielten es für befremdlich, dass Heveling intervenierte. Dazu entgegnete Heveling, ihm könnte die Absicht einer Bewerbung bekanntgeworden sein. Unterdessen hatte Günther ausgesagt, dass Heveling ihn tatsächlich zum Rückzug seiner Bewerbung aufgefordert habe und ihm mitteilte, Koalitionskreise würden eine Frau an der Spitze des Oberverwaltungsgerichts wünschen.
Untersuchungsausschuss und rechtlicher Kontext
Der Untersuchungsausschuss prüft, ob Vettern- und Parteibuchwirtschaft die Besetzung der Präsidentenstelle beeinflusst haben oder ob tatsächlich die Kompetenz der Bewerber entscheidend war. Zwei Verwaltungsgerichte hatten das Besetzungsverfahren gestoppt und erhebliche Kritik an der Verfahrensgestaltung geübt. Währenddessen hatte das Oberverwaltungsgericht in eigener Sache keine Bedenken bezüglich der Personalentscheidung geäußert.
Das Bundesverfassungsgericht hob die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts teilweise auf und verwies sie zurück, da es Anhaltspunkte für eine Vorfestlegung sah, denen nicht ausreichend nachgegangen worden sei. In diesem Kontext wird auch auf internationale Entwicklungen verwiesen, insbesondere auf die ungarische Justizreform, die unter Ministerpräsident Viktor Orbán in die Kritik geraten ist. Der Europarat äußert massive Bedenken und sieht Verletzungen der Mindeststandards der Europäischen Menschenrechtskonvention.
Die ungarische Regierung hat seit 2010 mehrere Reformpakete initiiert, die die Unabhängigkeit der Gerichte betreffen. Kritiker befürchten einen zunehmenden politischen Einfluss auf die Justiz. Diese Entwicklungen und die drohende Gefahr politischer Einflussnahme auf die Justiz sind nicht nur auf Ungarn beschränkt, sondern führen auch in Deutschland zu kritischen Diskussionen über die Transparenz und Fairness in der Justiz.