
In einer bemerkenswerten Initiative haben die Universität Bielefeld und die Deutsche Sporthochschule Köln ein gemeinsames Projekt ins Leben gerufen, das darauf abzielt, die Bewertung von Forschungsleistungen gerechter und vielfältiger zu gestalten. Dieses Vorhaben, das von der VolkswagenStiftung mit knapp 500.000 Euro über drei Jahre gefördert wird, ist Teil der größeren Bewegung zur Reform der Forschungsbewertung in Europa, die durch das „Agreement on Reforming Research Assessment“ (ARRA) unterstützt wird. Laut der Universität Bielefeld soll diese Vereinbarung qualitative Aspekte wie interdisziplinäre Zusammenarbeit und gesellschaftlichen Einfluss stärker berücksichtigen. Damit soll der wissenschaftliche Fortschritt nicht länger nur an Publikationszahlen gemessen werden, sondern auch an den Praktiken offener Wissenschaft (Open Science).
Das Projektteam in Bielefeld hat sich das Ziel gesetzt, innovative Ansätze zur Reform der Forschungsbewertung zu testen. Dr. Annika Merk, die Koordinatorin des Teilprojekts, hebt hervor, dass es wichtig sei, kreatives Denken und langfristige Forschungsziele zu fördern. Begleitend dazu weist Dr. Alice Merca auf die Einschränkungen hin, die quantitativen Bewertungsmethoden innewohnen, da diese den Fokus oft zu stark auf Veröffentlichungen legen. Immer mehr werden auch die Wechselwirkungen zwischen Forschungsbewertung und Themen wie Open Science, Forschungsintegrität, Gleichstellung und Vielfalt in den Blick genommen.
Das Projekt und seine Ziele
Im Rahmen des Projekts werden bestehende Reformbedarfe identifiziert und in ausgewählten Pilotbereichen konkrete Maßnahmen entwickelt, getestet und evaluiert. Die Sportwissenschaftliche Abteilung der Universität Bielefeld agiert hierbei als Piloteinrichtung, mit dem Ziel, einen neuen Bewertungsansatz zu entwickeln, der Vielfalt in der Forschung stärker honoriert. Entsprechend dem ARRA sind qualitative Bewertungsmethoden vorgesehen, ohne jedoch konkrete Vorgaben zu machen. Seit Juli 2022 haben über 800 Organisationen das Abkommen unterzeichnet, was die breite Unterstützung für diese Reformbewegung unterstreicht.
Die ARRA-Vereinbarung beabsichtigt, die Forschungsbewertung so zu reformieren, dass die Qualität und Wirkung der Forschung maximiert werden. Um dies zu erreichen, haben sich zahlreiche Organisationen, darunter Universitäten, Forschungszentren und private Forschungsförderer, zusammengeschlossen. Die Grundsätze der Vereinbarung verlangen eine qualitative Beurteilung der Forschungsergebnisse, unterstützt durch einen verantwortungsvollen Einsatz quantitativer Indikatoren. Gleichzeitig bleibt der Autonomie der einzelnen Organisationen Rechnung getragen, da diese eigenverantwortlich über die Umsetzung der Vereinbarungen entscheiden.
Ein breiter Kontext der Reformen
Zusätzlich zu den Initiativen der Universität Bielefeld wird auch die Relevanz von Open Science-Praktiken hervorgehoben, die in der europäischen Forschungslandschaft an Bedeutung gewinnen. So veranstaltet das Centre for Science and Technology Studies (CWTS) an der Universität Leiden Sitzungen zur Integration von Open Science in die Bewertungsmethoden. Eine bevorstehende Sitzung in Barcelona zielt darauf ab, die Rolle der Offenheit in der Forschungsbewertung zu diskutieren und wird zahlreiche Akteure aus der wissenschaftlichen Gemeinschaft anziehen.
Besonderes Augenmerk liegt auch auf der Barcelona Declaration on Open Research Information, die im April 2024 veröffentlicht wurde. Hier wird die Notwendigkeit betont, Forschungsinformationen standardmäßig offen zu halten, um den Übergang zu offenen Forschungssystemen zu unterstützen. Über 80 Organisationen haben bereits diese Erklärung unterzeichnet. Diese Entwicklungen zeigen, dass der Weg zu einer transparenten und gerechten Forschungsbewertung von einer Vielzahl von Akteuren getragen wird, die sich für ein effizienteres Forschungssystem einsetzen.
In Anbetracht dieser umfassenden Reformbestrebungen sind die aktuellen Reformprozesse nicht nur für die direkt beteiligten Universitäten von Bedeutung, sondern könnten auch weitreichende Auswirkungen auf die gesamte europäische Forschungslandschaft haben.