
Die humanitäre Lage im Gazastreifen hat einen kritischen Punkt erreicht, warnen mehrere UN-Organisationen. In den vergangenen Wochen haben sich die Bedingungen aufgrund der anhaltenden israelischen Blockade dramatisch verschlechtert. Trotz der alarmierenden Situation sind seit über einem Monat keine kommerziellen oder humanitären Lieferungen ins Gebiet gelangt. Rund 2,1 Millionen Menschen sind in Gaza eingesperrt, bombardiert und ausgehungert, was die Notlage weiter verschärft. An den Übergängen lagern dringend benötigte Nahrungsmittel, Medikamente und Treibstoff, die aufgrund der Blockade nicht verteilt werden können. Laut ZVW ist dies der höchste Grad an humanitärer Not seit Beginn des Konflikts.
Die ersten Tage nach dem Zusammenbruch der Feuerpause waren besonders verheerend. Über 1.000 Kinder wurden in der ersten Woche entweder getötet oder verletzt. Dies ist die höchste Zahl, die innerhalb einer Woche dokumentiert wurde. Das Gesundheitswesen im Gazastreifen steht kurz vor dem Kollaps, es mangelt an lebenswichtigen medizinischen Hilfsmitteln.
Ein humanitäres Versagen
Ältere Berichte über die Lage in Gaza zeichnen ein noch düstereres Bild. Laut der NZZ sprechen Hilfsorganisationen von einer „humanitären Apokalypse“. Mindestens 30.000 Menschen, darunter vor allem Zivilisten, Frauen und Kinder, sind infolge des Krieges zwischen Israel und Hamas ums Leben gekommen. Weitere 69.000 Menschen sind schwer verletzt, während zusätzlich 2,3 Millionen Menschen mit einer drohenden Hungersnot konfrontiert sind.
Die Situation ist besonders alarmierend für Kinder: Ein hoher Anteil leidet an Unterernährung, und laut dem stellvertretenden Direktor des UN-WFP, Carl Skau, sollen bis zu sechs Kinder bereits an Unterernährung und Flüssigkeitsverlust gestorben sein. Hilfsorganisationen sind zwar vor Ort, können aber aufgrund von Blockaden und Inspektionen durch israelische Behörden nicht effektiv helfen.
Hilfsgüter und deren Verzögerungen
Die Situation an den Grenzübergängen ist katastrophal. Lastwagen mit Hilfsgütern stauen sich und erreichen den Gazastreifen nur sehr zögerlich. Durchschnittlich nur 97 Lastwagen pro Tag dürfen einfahren, während mindestens 500 für eine adäquate Versorgung notwendig wären. Tragisch war die Situation an der Al-Rashid-Straße, wo 112 Menschen starben, während sie auf benötigte Hilfsgüter warteten.
Der US-Präsident Joe Biden hat die unzureichende Zuführung humanitärer Hilfe nach Gaza eingeräumt. Die US-Armee hat begonnen, Hilfsgüter aus der Luft abzuwerfen, doch die Frage bleibt, ob dies ausreicht, um die drängenden Bedürfnisse zu decken.
Die gängige Praxis, humanitäre Hilfe als Waffe in Konflikten zu nutzen, wird immer offensichtlicher. In anderen Konfliktregionen wie Syrien wird die Hilfe von Regierungen kontrolliert, was zu einer Legitimierung von Diktatoren führt. Diese Problematik zeigt sich auch im Gazastreifen. Hilfsorganisationen müssen oft unter den Bedingungen der Konfliktparteien arbeiten, was deren Neutralität gefährdet.
Angesichts dieser Entwicklungen fordert „Ärzte ohne Grenzen“ einen sofortigen Waffenstillstand, um die dringend benötigte Hilfe zu leisten. Das Gesicht der Krise in Gaza ist geprägt von Anarchie und Not, besonders nach dem Rückzug der Hamas-Sicherheitskräfte. Der Norwegian Refugee Council erklärt, dass die humanitäre Situation in Gaza die schlimmste ist, die seit 40 Jahren dokumentiert wurde.