
In der Türkei bleibt die politische Lage angespannt, während die Opposition zu einer massiven Kundgebung vor dem Parlament in Ankara aufruft. Dieses Ereignis findet anlässlich des nationalen Feiertags am 23. April statt, der die Eröffnung des ersten Parlaments im Jahr 1920 markiert. Özgür Özel, der Vorsitzende der größten Oppositionspartei CHP, hat angekündigt, bei der Kundgebung zu sprechen und die Bürger zur Teilnahme zu mobilisieren. Insbesondere junge Menschen und Studenten werden aufgefordert, sich um 17:00 Uhr (16:00 Uhr MESZ) zu versammeln, trotz eines bestehenden Versammlungsverbots in der Region. Laut t-online.de ist diese Versammlung eine Fortsetzung der Protestwelle, die nach der Verhaftung des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem İmamoğlu ausgelöst wurde.
Ekrem İmamoğlu, der am 25. März aufgrund von Korruptionsvorwürfen verhaftet wurde, befindet sich derzeit im Hochsicherheitsgefängnis Silivri. Aus seiner Inhaftierung heraus hat er seine Unterstützung für den bevorstehenden Marsch für die nationale Souveränität zum Ausdruck gebracht. Özgür Özel betonte, dass die Regierung die Proteste nicht verhindern könne. Die Verhaftung İmamoğlus hat zu den größten Demonstrationen seit den Gezi-Protesten im Jahr 2013 geführt.
Aktive Protestbewegung unter jungen Menschen
Die Proteste, die seit Mitte März 2025 toben, sind vor allem von jungen Menschen organisiert, die angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage in der Türkei, darunter eine Jugendarbeitslosigkeit von etwa 17 Prozent, aktiv geworden sind. Diese Jugendlichen sehen ihre Zukunft bedroht und haben klare Forderungen: Sie wollen die Aufhebung von Einschränkungen der Freiheiten und ein Leben in Sicherheit und Wohlstand. Laut einer Umfrage vom Istanbuler IstanPol Institut möchten sieben von zehn Jugendlichen auswandern. Studentin Gizem Sert, die an den Protesten teilgenommen hat und kurzzeitig festgenommen wurde, organisiert die Aktionen mittlerweile aus ihrem Haus, nachdem die Behörden ein Ausgehverbot gegen sie verhängt haben. Sie bleibt in Kontakt mit ihren Kommilitonen und hofft auf eine breitere Solidarität in der Gesellschaft.
Bei einer Protestaktion äußerte ein Teilnehmer, dass dies die letzte Chance sei, etwas zu ändern. Die Demonstrationen ziehen Menschen aus verschiedenen Gesellschaftsschichten an und sind nicht nur von parteipolitischer Motivation getrieben. Stattdessen sind die Protestierenden entschlossen, die Regierung unter Druck zu setzen. Özgür Özel hat ebenfalls die Freilassung İmamoğlus sowie Neuwahlen gefordert.
Strategie der Regierung und langfristige Perspektiven
Analysten wie Seren Korkmaz glauben, dass die Erdoğan-Regierung plant, die Proteste auszusitzen, da die internationale Lage für die Türkei momentan günstig erscheint. Die Proteste sollen nun jeden Mittwoch und Samstag fortgesetzt werden, mit dem ambitionierten Ziel, bis zum 19. Mai mindestens zehn Millionen Unterschriften für die Freilassung İmamoğlus zu sammeln. Die zunehmende Repression gegen Demonstranten hat jedoch ein clima der Angst geschaffen, was die Mobilisierung erschwert.
Trotz der Herausforderungen setzen die Protestierenden auf eine langwierige Bewegung. Sie fordern nicht nur Veränderungen in der politischen Landschaft, sondern auch eine grundlegende Verbesserung ihrer Lebensumstände. Die Mobilisierung und der Zusammenhalt innerhalb der Gesellschaft werden als essenziell für den zukünftigen Erfolg der Proteste betrachtet.