
Zypern steht vor einer entscheidenden Weichenstellung in seiner Europäischen Union (EU)-Politik. Präsident Nikos Christodoulides kündigte auf einer Konferenz in Nikosia an, dass die Republik Zypern plane, noch in diesem Jahr dem Schengen-Raum beizutreten. Dieser Schritt wird als essentiell für die künftige wirtschaftliche Entwicklung des Landes angesehen, da er nicht nur den Tourismus ankurbeln, sondern auch Auslandsinvestitionen fördern könnte. Dewezet berichtet, dass Zypern alle politischen Voraussetzungen für den Beitritt erfüllt sehe und lediglich technische Details noch zu klären seien.
Ein zentraler Aspekt des Zypern-Beitritts zum Schengen-Raum ist die Abschaffung von Grenzkontrollen im Reiseverkehr mit anderen Schengen-Staaten. Der Schengen-Raum umfasst derzeit 29 Länder, einschließlich Nicht-EU-Mitglieder wie die Schweiz und Norwegen, wobei Zypern, Malta und Irland die einzigen EU-Staaten sind, die nicht Teil des Schengen-Raums sind. Europarl hebt hervor, dass die Mitgliedsstaaten für den Schengen-Beitritt die Kontrolle der EU-Außengrenzen übernehmen müssen.
Die geopolitische Herausforderung
Zyperns geostrategische Lage und die anhaltende Teilung des Landes stellen eine signifikante Herausforderung dar. Die Insel ist seit über 50 Jahren geteilt, wobei der Norden von der Türkei besetzt ist. Dies bedeutet, dass die Demarkationslinie, die die Insel teilt, im Falle eines Schengen-Beitritts zur EU-Außengrenze würde. Nach Angaben von Dewezet müsste die zypriotische Regierung Passkontrollen an den Übergängen zum besetzten Norden einführen, um den Anforderungen des Schengen-Raums gerecht zu werden. Dies wird von vielen als ein kritischer, aber notwendiger Schritt angesehen, um die Vorteile eines Schengen-Beitritts zu erzielen.
Die Komplexität der Situation wird durch das internationale Recht weiter verschärft, da der türkisch besetzte Norden völkerrechtlich als EU-Gebiet betrachtet wird, jedoch nur im Süden EU-Recht gilt. Nikosia erkennt den besetzten Norden nicht als eigenen Staat und führt dort keine eigenen Grenzkontrollen durch, was die Implementierung der Schengen-Vorgaben zusätzlich kompliziert.
Reformbedarf und die Rolle der EU
Für die EU stellt das Migrationsmanagement und die Sicherung der Außengrenzen eine wesentliche Herausforderung dar. Im Jahr 2015 wurden bis zu 1,83 Millionen illegale Grenzübertritte an den Außengrenzen der EU registriert, was zu einem umfassenden Überdenken der Grenz- und Sicherheitsstrategien führte. Wie Europarl darstellt, hat die EU diverse Maßnahmen ergriffen, um die Außengrenzkontrollen zu intensivieren und die Bearbeitung von Asylanträgen effizienter zu gestalten. Unter anderem wurde das Schengener Informationssystem und die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache (Frontex) geschaffen.
Zyperns angestrebter Beitritt zum Schengen-Raum reflektiert nicht nur den Willen zur Integration in die EU, sondern auch den Bedarf an verstärkten Sicherheitsmaßnahmen, insbesondere im Licht der Herausforderungen, vor denen Europa steht. Mit dem geplanten neuen Budget des Fonds für integriertes Grenzmanagement (IBMF) in Höhe von 9,88 Milliarden Euro soll den Mitgliedstaaten geholfen werden, die Kapazitäten im Grenzmanagement zu verbessern und gleichzeitig die Grundrechte zu wahren.
Die Perspektive eines Schengen-Beitritts bietet Zypern nicht nur die Chance auf wirtschaftliche Vorteile, sondern stellt das Land auch vor bedeutende geopolitische und rechtliche Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt. Diese komplexe Gemengelage wird die politischen Debatten in Nikosia und Brüssel in den kommenden Monaten dominieren.