
In Nordrhein-Westfalen finden derzeit umfangreiche Bauarbeiten statt, die nicht nur die moderne Infrastruktur betreffen, sondern auch bedeutende archäologische Entdeckungen ans Licht bringen. In Paderborn, Ostwestfalen, haben Archäologen bei Ausgrabungen an einer historischen Stätte mittelalterliche Urnengräber entdeckt. Diese Ausgrabungen finden an einem Ort statt, der bereits vor fast 100 Jahren von Bernhard Ortmann untersucht wurde, als er ein Urnengrab-Feld aus der Bronzezeit im Winkelland entdeckte. Die neuen Funde erscheinen nun in einem erweiterten historischen Kontext, der die Entwicklung der Region beleuchtet.
Aktuelle Ausgrabungen haben zur Freilegung einer frühmittelalterlichen Siedlung geführt. Zu den bemerkenswerten Funden gehören Wasserleitungen, eine Wasserschöpfstelle und ein komplettes Grubenhaus. Besonders hervorzuheben ist der Fund eines aufwendig verzierten Schwertgurtbeschlags aus Buntmetall. Stadtarchäologin Sveva Gai stellt fest, dass die aufwendigen Verzierungen auf einen sozial hochstehenden Besitzer hindeuten. Die Umstände des Fundes sowie die Herkunft des Objekts werfen jedoch Fragen auf, die zurzeit noch unbeantwortet sind.
Vorkarolingische Siedlungsreste und historische Erkenntnisse
Die Ausgrabungen, die unter der intensiven Betreuung von Robert Süße, einem wissenschaftlichen Volontär bei der Stadtarchäologie Paderborn, stehen, konzentrieren sich auf eine Fläche von etwa 1.000 Quadratmetern. Bisherige Kenntnisse der Region basierten nur auf zeitgenössischen Schriften. Die Funde datieren auf das 7. und 8. Jahrhundert und sind damit vor der Gründung der karolingischen Pfalz im Jahr 776 einzuordnen.
Zu den entdeckten Strukturen zählen Gräben und Pfosten- sowie Abfallgruben, die auf eine vorkarolingische Siedlung hinweisen. Einige dieser Gruben könnten als Speicherbauten auf Pfosten zur Nahrungsmittelaufbewahrung gedient haben. Die Gräben stellen möglicherweise Reste einer Umzäunung des Hofes dar. Erste Metallobjekte, darunter ein eiserner Reitsporn, wurden ebenfalls gefunden. Dieser Reitsporn könnte aus dem westlichen Landesteil oder dem Rheinland stammen, was Hinweise auf gesellschaftlich hoch angesehene Reiter geben könnte.
Bedeutung der Ausgrabungen für die Region
Die Ausgrabungen werden durch das St. Johannisstift finanziert, welches die Kosten der Maßnahmen auf Basis des Denkmalschutzrechts übernimmt. Martin Wolf, Vorstandssprecher des St. Johannisstifts, äußert die Freude über die Verbindung zur Paderborner Geschichte. Die Archäologen erhoffen sich im Verlauf der laufenden Ausgrabungen zusätzliche Erkenntnisse über die Struktur und das Leben in dieser historischen Siedlung, während sie gleichzeitig darauf hingewiesen werden, dass mehrere Hundert mittelalterliche Funde gemacht wurden.
Die Funde in Paderborn zeigen eindrucksvoll, wie Bauarbeiten in der heutigen Zeit auch zur Entdeckung und Bewahrung historischer Erbes führen können. Mit mehr als 300 entdeckten Objekten und der fortlaufenden Forschung steht Paderborn vor einer spannenden Entschlüsselung seiner eigenen Geschichte.