
1848 ereignete sich in den USA ein Unfall, der die Geschichte der Neurowissenschaften prägen sollte. Phineas Gage, ein 25-jähriger Farmer und Eisenbahnbauer aus New Hampshire, war bei Sprengarbeiten für eine Eisenbahnlinie tätig, als ein folgenschwerer Fehler passierte. Eine Eisenstange mit einem Durchmesser von 3,2 cm, einem Meter Länge und einem Gewicht von etwa 6 kg durchbohrte seinen Schädel. Die Stange trat unterhalb seines linken Wangenknochens ein und verließ seinen Kopf an der Oberseite, etwa 20 Meter hinter ihm, was den dramatischen Charakter des Unfalls unterstreicht. Gage überlebte diesen furchtbaren Vorfall, was ihn zu einer Sensation und einem wichtigen Forschungsobjekt machte.
Die Umstände des Unfalls sind bemerkenswert. Gage hatte ein Loch in einen Felsen gebohrt, mit Schießpulver gefüllt und dabei versäumt, eine Sandschicht hinzuzufügen, was zu der Katastrophe führte. Trotz der Schwere seiner Verletzungen konnte er kurz nach dem Vorfall wieder sprechen und gehen, jedoch war er nicht mehr der gleiche Mensch. Zwei Monate später war er körperlich wieder arbeitsfähig, allerdings blieben signifikante Verhaltensänderungen zurück. Er war von seiner vorherigen Verlässlichkeit und Pünktlichkeit weit entfernt und zeigte sich cholerisch, unzuverlässig und respektlos. Diese Veränderungen wurden von seinem behandelnden Arzt, John Harlow, akribisch dokumentiert.
Medizinische Beobachtungen und spätere Forschungen
Nach dem Unfall wurde Gage schnell zu einer Berühmtheit. Mediziner und Wissenschaftler waren an seinem Fall interessiert, da er wertvolle Einblicke in die Funktionsweise des menschlichen Gehirns bot. Auf einem Medizinertreffen 1848 in Boston stellte Harlow ihn als Beispiel vor, um die Auswirkungen von Hirnverletzungen auf das Verhalten zu analysieren. Gage wurde später sogar in einem Museum in Manhattan präsentiert, bevor er seine letzten Lebensjahre als Kutscher in Chile verbrachte.
Die Nachuntersuchung von Gages Leichnam im Jahr 1866 durch Harlow ergab, dass die Eisenstange große Teile seines linken frontalen Hirnlappens zerstört hatte. Diese Zerstörung war ausschlaggebend für die Veränderung in Gages emotionaler Struktur und Entscheidungsfähigkeit. Studien eines amerikanischen Forschungsteams aus dem Jahr 1994 zeigten zudem, dass auch der rechte Frontallappen betroffen war, basierend auf einem dreidimensionalen Modell seines Schädels. Eine Computersimulation aus dem Jahr 2012 bestätigte, dass zwar der rechte Frontallappen nicht direkt getroffen wurde, aber neuronale Verbindungen dennoch beschädigt worden waren.
Ein bleibendes Erbe in der Neurowissenschaft
Phineas Gage starb 1860 im Alter von 36 Jahren in San Francisco an einem epileptischen Anfall, der vermutlich eine Spätfolge seines Unfalls war. Sein Fall bleibt ein herausragendes Beispiel für das Überleben eines schweren Hirntraumas und wird und wurde in zahlreichen Lehrbüchern behandelt. Gages Schädel und die Eisenstange sind heute im Museum der Harvard Medical School ausgestellt. Diese Exponate stehen als Mahnmal und Forschungsobjekt zugleich für die Erkenntnisse über die komplexen Wechselwirkungen zwischen Hirnstruktur und Verhalten.
Zusammengefasst zeigt der Fall von Phineas Gage, wie entscheidend die Frontallappen für unsere Entscheidungsfähigkeit und unser Verhalten sind. Seine Geschichte ist nicht nur ein medizinisches Kuriosum, sondern ein bedeutender Bestandteil der Geschichte der Neurowissenschaften, der weiterhin Wissenschaftler und Mediziner fasziniert und inspiriert.
Welt berichtet, dass Gage nicht nur überlebte, sondern auch ein Leben nach dem Unfall führte. Geo hebt hervor, dass seine Veränderungen im Verhalten nach dem Unfall von entscheidender Bedeutung für die Neurowissenschaften sind. Weiterführende Informationen sind verfügbar unter diesem Link.