
Die Debatte über die Notwendigkeit hyperkomplexer Zahlen in der Quantenmechanik erhält neuen Aufwind. Forscher der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), darunter Ece Ipek Saruhan, Prof. Dr. Joachim von Zanthier und Dr. Marc Oliver Pleinert, haben sich intensiv mit dieser Thematik auseinandergesetzt. Die Quantenmechanik, wie wir sie heute kennen, wurde vor fast 100 Jahren von Pionieren wie Werner Heisenberg, Max Born, Pascual Jordan und Erwin Schrödinger begründet. Diese Physiker entwickelten jeweils unterschiedliche mathematische Ansätze zur Beschreibung quantenmechanischer Phänomene, die jedoch physikalisch identisch sind.
Traditionell wird die Quantenmechanik mit komplexen Zahlen beschrieben, die aus einem reellen und einem imaginären Teil bestehen. Schrödinger spekulierte einst, dass die Quantenmechanik möglicherweise auch unter Verwendung reeller Zahlen formuliert werden könnte. Diese Annahme stellte sich jedoch als falsch heraus. Dennoch bleibt die Frage offen, ob die Verwendung von hyperkomplexen Zahlen, wie beispielsweise Quaternionen, notwendig ist, um die Quantenmechanik adäquat zu erfassen.
Der Peres-Test und die neueste Forschung
In den 1970er Jahren schlug der Physiker Asher Peres einen Test vor, um zu überprüfen, ob die Quantenmechanik vollständig durch komplexe Zahlen beschrieben werden kann. Der Test basiert auf dem Vergleich von Interferenzmustern von Lichtwellen durch verschiedene Interferometer. Frühere Experimente setzten vereinfachte Versionen dieses Tests um, jedoch ohne eindeutige Beweise für oder gegen die hyperkomplexe Theorie. Nun haben die FAU-Forscher den Peres-Test theoretisch weiterentwickelt und auf eine solide mathematische Grundlage gestellt.
Der neuartige Ansatz ermöglicht es, die Testergebnisse als Volumina in einem dreidimensionalen Raum zu interpretieren. Kommt das Volumen auf null, genügen komplexe Zahlen für die Beschreibung; ist es jedoch größer als null, so müssen hyperkomplexe Zahlen herangezogen werden. Diese Erweiterung des Tests erlaubt zudem die Untersuchung mehrerer Lichtteilchen in Interferometern mit beliebig vielen Spalten und soll dazu beitragen, die anhaltende Frage zu klären: Sind hyperkomplexe Zahlen für die Quantenmechanik unverzichtbar?
Mathematische Grundlagen der Quantenmechanik
Die mathematisch strenge Formulierung der Quantenmechanik wurde 1932 von John von Neumann erarbeitet. Ein physikalisches System wird heutzutage durch drei wesentliche Bestandteile beschrieben: Zustände, Observablen und die Dynamik. Die sogenannte Kopenhagener Interpretation sieht vor, dass der Zustand eines physikalischen Systems durch einen komplexen Zustandsvektor \( | \psi(t) \rangle \) darzustellen ist. Physikalisch messbare Größen werden durch hermitesche Operatoren im Zustandsraum charakterisiert.
Die zentrale Gleichung, die das Verhalten quantenmechanischer Systeme beschreibt, ist die Schrödingergleichung. Sie gibt an, wie sich der Zustand eines Teilchens im Zeitverlauf entwickelt. Ein Beispiel für die Anwendung der Quantenmechanik ist die Beschreibung eines Teilchens in einem eindimensionalen Potentialtopf, der diskrete Energiewerte hervorbringt. Ebenso ist die Heisenbergsche Unschärferelation von zentraler Bedeutung: Sie besagt, dass Ort und Impuls eines Teilchens nicht gleichzeitig beliebig genau gemessen werden können.
Bisherige Messungen im Rahmen des erweiterten Peres-Tests haben gezeigt, dass die Testergebnisse zumeist null ergeben. Dies könnte darauf hindeuten, dass komplexe Zahlen für die Quantenmechanik ausreichen. Dennoch streben die Forscher am FAU danach, genauere Tests durchzuführen, um die essenzielle Frage zu beantworten, ob hyperkomplexe Zahlen eventuell doch notwendig sind.
Die Originalveröffentlichung der FAU-Forscher zum Thema erscheint in der renommierten Fachzeitschrift “Physical Review Letters” im Jahr 2025.