
Die Debatte über die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall nimmt an Intensität zu. Aktuell fordert Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger grundlegende Reformen in diesem Bereich. Laut Ruhr24 beliefen sich die Kosten, die Arbeitgeber jährlich für die Lohnfortzahlung aufbringen müssen, auf satte 77 Milliarden Euro. Dulger schlägt vor, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall auf maximal sechs Wochen pro Kalenderjahr zu begrenzen. Diese Maßnahme könnte dazu führen, dass Arbeitnehmer schneller in den Bezug von Krankengeld abrutschen.
Das Krankengeld beträgt 70 Prozent des Bruttoeinkommens und maximal 90 Prozent des Nettogehalts. Derzeit haben Arbeitnehmer Anspruch auf Lohnfortzahlung für bis zu sechs Wochen, wenn sie ohne eigenes Verschulden arbeitsunfähig sind. Bei einer erneuten Arbeitsunfähigkeit aufgrund derselben Krankheit bleibt der Anspruch bestehen, wenn zwischen den Erkrankungen mindestens sechs Monate liegen. Voraussetzung für den Anspruch ist außerdem eine ununterbrochene Dauer des Arbeitsverhältnisses von vier Wochen.
Forderungen der Arbeitgeber
Dulger kritisiert die gegenwärtige Regelung und fordert darüber hinaus die Abschaffung der telefonischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die seit Dezember 2023 für Erkrankungen ohne schwere Symptome gilt. Diese Krankschreibung ist auf fünf Kalendertage begrenzt; bei längerer Abwesenheit ist ein Arztbesuch erforderlich. Die Arbeitgeber stehen unter Druck, da sie nicht nur die Lohnfortzahlung tragen müssen, sondern auch Zuschläge für Mehrbelastungen wie Nachtzuschläge aus der Lohnfortzahlung gestrichen werden sollen.
Eine Umfrage zeigt, dass 13 Prozent der Befragten innerhalb eines Jahres mehrfach unter Vorwänden krankgeschrieben waren. Zudem melden sich 60 Prozent der Arbeitnehmer bei leichten Symptomen krank, obwohl sie tatsächlich arbeitsfähig wären. Diese Entwicklungen führen zu weiteren Bedenken seitens der Arbeitgeber. Laut Merkur wird die Aussage von Dulger, dass die Lohnfortzahlung teurer sei als der Verteidigungshaushalt oder die Pflegeversicherung, untermauert. Arbeitgeber fordern deshalb dringend Entlastungen in Milliardenhöhe.
Politische Rahmenbedingungen
Die Vorschläge von Dulger sind jedoch nicht im aktuellen Sondierungspapier von Union und SPD enthalten. Stattdessen plant die mögliche neue Große Koalition eine Lohnerhöhung für Millionen Bürger. In der politischen Diskussion wurden auch alternative Modelle, wie die Vorschläge des Allianz-Chefs Oliver Bäte zur Einführung einer Karenzzeit, abgelehnt. Hubertus Heil, der damalige Bundesarbeitsminister, wies darauf hin, dass Arbeitnehmer nicht unter Generalverdacht gestellt werden sollten.
Die gesellschaftliche Debatte wird insbesondere von den Arbeitgeberverbänden und sozialen Organisationen begleitet. Michaela Engelmeier, Vorsitzende des Sozialverbands Deutschland, bezeichnete die Vorschläge von Bäte als „Unverschämtheit“. Der Druck auf die Politik wächst, umfassende Sozialversicherungsreformen zu diskutieren und anzugehen. Laut Dulger sind solche Reformen unerlässlich, um die hohen Kosten zur Sicherung des Rentenniveaus zu decken und die sozialen Sicherungssysteme zu stabilisieren.
Insgesamt verdeutlicht die aktuelle Diskussion um die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall die Spannungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern sowie die Herausforderungen der Politik, eine ausgewogene Lösung zu finden. Die Reformvorschläge von Dulger stehen im Widerspruch zur sozialen Realität und den Bedürfnissen von Arbeitnehmern.