
In einer historischen Wende zeigt sich der religiöse Wandel in Deutschland: Erstmals bilden konfessionslose Menschen einen größeren Anteil an der Bevölkerung als die Mitglieder der beiden großen Kirchen. Nach Angaben von sueddeutsche.de lebten Ende 2024 rund 39 Millionen Menschen ohne eine formale Religionszugehörigkeit, was etwa 47 Prozent der Gesamtbevölkerung entspricht. Im Vergleich dazu sind etwa 38 Millionen Menschen Mitglieder der römisch-katholischen oder evangelischen Kirchen.
Statistiken der Forschungsgruppe Weltanschauungen in Deutschland verdeutlichen, dass der Anteil der konfessionsfreien Menschen von 22 Prozent im Jahr 1990 auf 47 Prozent Ende 2024 gestiegen ist. Der Bevölkerungsanteil der Katholiken fiel unter die Marke von 20 Millionen, konkret auf 19,8 Millionen, was etwa 24 Prozent entspricht. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) zählte Ende 2024 rund 18 Millionen Mitglieder und somit etwa 21 Prozent der Bevölkerung.
Der Verlust an Mitgliedschaften
Beide großen Kirchen, die über viele Jahre hinweg einen stabilen Platz in der deutschen Gesellschaft hatten, verzeichnen einen signifikanten Mitgliederschwund. Laut fowid haben die römisch-katholische Kirche und die EKD im Jahr 2023 zusammen mehr als eine Million Mitglieder verloren, was einen erheblichen Rückgang darstellt. Der Rückgang wurde durch sowohl Austritte als auch natürliche Abgänge beeinflusst, wobei die EKD und die Bischofskonferenz bestätigten, dass die Mitgliederzahlen im Jahr 2023 um geschätzt 540.000 respektive 591.000 gesenkt wurden.
Die Mitgliederzahlen sind nicht nur durch Austritte geschrumpft. Eine jüngste Untersuchung hat auch eine Differenz von rund 100.000 zwischen staatlichen Melderegistern und kircheninternen Statistiken festgestellt, was auf eine zunehmend sinkende Relevanz der institutionalisierten Religion in Deutschland hinweist.
Ein wachsendes Interesse an Säkularität
Die Daten zeigen zudem, dass nur etwa fünf Prozent der Bevölkerung als religiös aktiv gelten. Während der Anteil der Gottesdienstbesucher unter Katholiken 2023 bei nur 6,2 Prozent und unter Evangelischen bei 2,3 Prozent lag, besuchen nur fünf von hundert Menschen regelmäßig einen Gottesdienst. Die Forschung zeigt auch, dass 77 Prozent der Bevölkerung den „Lebensbereich Kirche“ als „unwichtig“ einstufen. Dies verdeutlicht einen Trend hin zu einer säkulareren Gesellschaft.
Die Zahl der Muslime in Deutschland wird auf etwa 3,2 Millionen geschätzt, was einem Anteil von 3,9 Prozent entspricht. Zudem beheimatet Deutschland rund 3,3 Millionen konfessionsgebundene Muslime. Kleinere Religionsgemeinschaften, einschließlich Orthodoxer, Freikirchler, Zeugen Jehovas, Aleviten, Buddhisten, Hindus, Jesiden und Juden, machen insgesamt etwa 4,1 Prozent der Gesamtbevölkerung aus.
Ein Blick in die Zukunft
Carsten Frerk, der Leiter von fowid, sieht die Tendenz, dass konfessionsfreie Menschen in diesem Jahrzehnt die absolute Mehrheit der Bevölkerung erreichen könnten. Dies würde einen tiefgreifenden gesellschaftlichen Wandel darstellen und die Rolle der Religionsgemeinschaften in Deutschland neu definieren.
Insgesamt zeigen die Zahlen, dass die deutsche Gesellschaft sich zunehmend von traditionellen Religionsstrukturen entfernt. Während die Säkularität und das Interesse an individuellen Rechten und Freiheiten gestärkt werden, bleibt abzuwarten, wie sich diese Entwicklungen in den kommenden Jahren weiter entfalten werden.