
Im Rahmen eines Gesprächsabends zum Thema „Flucht, Asyl und Migration“ in Stendal, Sachsen-Anhalt, äußerte sich Heinrich Bedford-Strohm, der Vorsitzende des Weltkirchenrates, zur Rolle der Kirchen in einer demokratischen Gesellschaft. Er wies darauf hin, dass Kirchen unbedingt unabhängig bleiben müssen, um ihre grundlegenden Werte zu wahren. Bedford-Strohm kritisierte ausdrücklich die Forderungen von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder nach mehr politischer Zurückhaltung der Kirchen. Solche Tendenzen seien bedenklich und vergleichbar mit Haltungen in autokratisch regierten Ländern, die in Demokratien keinen Platz haben sollten. Er betonte, dass es für den gesellschaftlichen Zusammenhalt unerlässlich sei, dass Kirchen sich öffentlich äußern und für die Schwachen und Verletzlichen eintreten.
Bedford-Strohm appellierte an die Kirchen, unbequeme Wahrheiten auszusprechen und aktiv am gesellschaftlichen Diskurs teilzunehmen. Dies sei notwendig, um eine positive Zukunft in der Gesellschaft zu gestalten und den Bedürfnissen von Geflüchteten und Migranten gerecht zu werden.
Ökumenisches Grundlagenwort zur Migration
Bischof Dr. Franz-Josef Bode hob die Bedeutung des Textes für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Ablehnung von Menschenfeindlichkeit hervor. Bedford-Strohm stellte fest, dass das Dokument die Missachtung der Würde und Rechte von Geflüchteten thematisiert und eine europäische Flüchtlingspolitik fordert, die sich an den Menschenrechten orientiert.
Herausforderungen der Migrationspolitik
Wissenschaftliche Perspektiven wurden ebenfalls in die Diskussion einbezogen. Prof. Dr. Marianne Heimbach-Steins forderte einen Perspektivwechsel in der Migrationspolitik, um die Ursachen von unfreiwilliger Migration anzugehen. Prof. Dr. Hannes Schammann warnte vor der Erosion des Multilateralismus innerhalb der EU und einer einseitigen Fokussierung auf die Verhinderung von Migration, was die bestehenden Herausforderungen nur verschärfen würde.
Das Grundlagenwort behandelt zudem biblisch-theologische Perspektiven und formuliert Thesen für kirchliches sowie gesellschaftliches Handeln. Es analysiert Entwicklungen im Migrationsdiskurs der letzten zwei Jahrzehnte und erinnert an die historische Verbindung des Christentums mit Migration und Flucht.
In Anbetracht der jüngsten gesellschaftlichen Debatten sind die Äußerungen Bedford-Strohms und das ökumenische Grundlagenwort entscheidend, um eine gerechte Migrationsordnung zu fördern, die das universale Gemeinwohl und die Achtung der Menschenrechte in den Mittelpunkt stellt.
Die Verabschiedung des Migrationswortes erfolgte im Sommer 2021 durch den Rat der EKD und den Ständigen Rat der DBK und ist Teil der Reihe „Gemeinsame Texte“, die online heruntergeladen oder bestellt werden kann.