
Friedhöfe werden oft einseitig als Orte des Todes betrachtet, doch sie sind weit mehr als nur Stätten des Trauerns. Diese Areale, wie der Evangelische Friedhof an der Oldenburger Landstraße in Delmenhorst, können lebendige Biotope sein, die zahlreichen Pflanzen und Tieren eine Heimat bieten. Der Weser Kurier berichtet, dass der Delmenhorster Naturschutzbund (Nabu) aktiv daran arbeitet, die ökologische Vielfalt auf diesen Friedhöfen zu fördern. Rolf Nordbruch, ein Mitglied des Nabu, kümmert sich um 57 Nistkästen und bringt dabei seine Expertise, die er durch die Friedhofsgärtnerei seiner Frau erworben hat, ein.
Auf diesen Friedhöfen blühen im Frühling Tausende helllila Krokusse und weiße Schneeglöckchen, die als Nahrungsquelle für Bienen und Hummeln dienen. Vermehrt werden Meisen beobachtet, die sich nicht nur an den Nistkästen niederlassen, sondern auch als natürliche Schädlingsbekämpfer fungieren, indem sie Schadinsekten wie die Motten des Eichenprozessionsspinners fressen. Neben Meisen sind auch andere Vogelarten wie Kleiber, Zaunkönig und Rabenkrähe präsent, während Feldhasen und Maulwürfe weitere Lebewesen darstellen, die diesen Friedhof zu ihrem Zuhause gemacht haben.
Ökologische Herausforderungen und Möglichkeiten
Friedhöfe stehen jedoch vor ökonomischen und ökologischen Herausforderungen. Laut National Geographic sind ungenutzte Flächen oft ein Grund für das unkontrollierte Wachstum von Wäldern, was die hierfür vorgesehenen ökologischen Nischen gefährden könnte. Finanzierungsprobleme bei der Friedhofspflege führen dazu, dass viele Gemeinden Schwierigkeiten haben, diese wertvollen Räume zu erhalten und sinnvoll zu bewirtschaften.
Die Diskussion um die zukünftige Nutzung leerstehender Friedhofsflächen wird immer lauter. Mögliche Alternativen umfassen die Umwandlung in Parkanlagen, Kleingärten oder Sportplätze. Bei der Gestaltung dieser Flächen sollte der Fokus auf der Nutzung naturnaher Arten und einer vielfältigen Pflanzenwahl liegen, um die Biodiversität zu fördern. Maßnahmen wie weniger häufiges Mähen und mehr Wiesenflächen könnten entscheidende Schritte in diese Richtung sein.
Die Rolle der Kirchen und Biodiversitätsprojekte
Ein weiterer Aspekt der ökologischen Entwicklung auf Friedhöfen ist das Projekt Biodiversitätscheck in Kirchengemeinden (BiCK). Dieses Projekt zielt darauf ab, Kirchenflächen zu Knotenpunkten urbaner grüner Infrastruktur zu entwickeln. Es fördert die Aktivierung der Gemeindeangehörigen zur nachhaltigen Entwicklung und wird vom Bundesamt für Naturschutz unterstützt.
Außerdem bietet die Bremische Evangelische Kirche eine Broschüre mit Tipps zur ökologischen Grabgestaltung an. In Zusammenarbeit mit dem NABU Oldenburger Münsterland zeigt das Projekt „Lebendiger Friedhof“ Potenziale auf, die eine artenreiche Gestaltung der Friedhöfe anstreben. Dies umfasst nicht nur gestalterische Maßnahmen, sondern auch umweltpädagogische Veranstaltungen, um das Bewusstsein für die biologische Vielfalt zu schärfen.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Friedhöfe nicht nur Orte des Gedenkens sind, sondern auch als Lebensräume für viele Arten dienen können. Die Herausforderung liegt darin, diese Flächen lebendig zu halten und gleichzeitig die notwendigen Pflegekonzepte zu entwickeln, um ihre ökologische Vielfalt zu bewahren.