
In Deutschland zeigt sich ein auffälliger Trend: Die Zahl der Abiturientinnen übersteigt die der Abiturienten. Diese Entwicklung wird durch die Bestnoten unterstrichen, bei denen Abiturientinnen erfolgreicher sind als ihre männlichen Kollegen. Diese Gleichstellung setzt sich auch im Hochschulbereich fort, denn im Studienfach Humanmedizin sind die Studentinnen zahlenmäßig den Studenten überlegen. Doch trotz dieser positiven Zeichen gibt es Herausforderungen, insbesondere im Bereich der Kinder- und Jugendmedizin, wo ein merklicher Ärztemangel herrscht.
Das neue Vergabeverfahren für Medizinstudienplätze ist ein weiterer Stressfaktor. Lediglich 30 Prozent der Medizinstudierenden können ihr Studium mit einem Numerus Clausus von 1,0 beginnen. Die Rahmenbedingungen müssen dringend überarbeitet werden, da die Zahl der Chefärztinnen im Vergleich zu Chefärzten weiterhin gering bleibt. Zudem sind Ärztinnen häufig von Teilzeitarbeitsmodellen betroffen, was zur Gender Gap in der Medizin beiträgt.
Ärztemangel und mögliche Lösungen
Der Ärztemangel, insbesondere in ländlichen Regionen, ist ein bekanntes Problem. Hier ist ein Stadt-Land-Gefälle zu beobachten, das auch in Großstädten durchaus sichtbar ist. Um diese Situation zu verbessern, fordern Politiker, Ständevertreter und Krankenkassen eine umfassende Lösung für den Mangel an Kinder- und Jugendärzten. Eine entscheidende Maßnahme könnte die Abschaffung des Rest-NC und die Einführung eines Eignungstests für Medizinstudienbewerber sein.
Zusätzlich zu diesen strukturellen Veränderungen wird angeregt, mehr Medizinstudienplätze sowie Stipendien für angehende Kinder- und Jugendmediziner bereitzustellen. Diese Initiativen sind notwendig, um eine solide Basis für die zukünftige medizinische Versorgung in Deutschland zu schaffen.
Einführung von Gendermedizin im Studium
Ein weiterer zentraler Punkt ist die Einführung von Gendermedizin als verpflichtendes Querschnittsfach im Medizinstudium. Studierende im Hartmannbund fordern dies in einem offenen Brief an den Medizinischen Fakultätentag (MFT), in dem sie auch auf die Vernachlässigung von Genderaspekten im aktuellen Curriculum hinweisen. Länder wie Schweden, Kanada und die USA seien in diesem Bereich bereits weiter fortgeschritten.
Die Vizepräsidentin des Deutschen Ärztinnenbundes (DÄB), Gabriele Kaczmarczyk, äußert, dass die Vermittlung von geschlechtersensiblem Wissen an Universitäten unzureichend sei. Eine Untersuchung, finanziert durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG), belegt, dass in 70,4 Prozent der medizinischen Fakultäten Medizinstudierende nur punktuell auf Geschlechterunterschiede bei Krankheiten, Symptomen und Therapien hingewiesen werden.
Die zentralen Ursachen für diese unzureichende Integration sind laut den Studierenden mangelnde Bereitschaft, ein geringes Problembewusstsein und fehlende Qualifizierungen der Lehrkräfte. Dennoch haben viele Studierende die Bedeutung der Gendermedizin für die Qualität der medizinischen Versorgung erkannt und fordern eine flächendeckende Repräsentanz dieses Themas in der medizinischen Ausbildung.
Die Brisanz dieser Themen zeigt, dass es für die zukünftige Versorgung in Deutschland entscheidend ist, sowohl den Ärztemangel zu beheben als auch die Genderaspekte innerhalb der medizinischen Ausbildung zu integrieren. Nur durch diese Maßnahmen kann die Qualität der Gesundheitsversorgung aufrechterhalten und verbessert werden.