
In der kleinen Gemeinde Mönkebude in Mecklenburg-Vorpommern hat sich ein ganz besonderer Künstler dem Sammeln und Gestalten mit Schneckenhäusern verschrieben. Rudi Wergin, ein 64-jähriger Mann, kreiert beeindruckende Kunstwerke aus den winzigen Gehäusen, die er über die Jahre gesammelt hat. Mit mehr als 100.000 Schneckengehäusen, die hauptsächlich am Mönkebuder Strand gefunden wurden, gelingt es ihm, kleine Mosaike und Bilder von großer Ästhetik zu schaffen. Die besten Ergebnisse erzielt Wergin, indem er jedes Gehäuse mithilfe von Pinzette, Nadel und Klebstoff zusammenfügt.
Sein künstlerisches Schaffen begann vor rund 50 Jahren, als er erste Deko-Objekte zusammen mit seinem Vater entwarf. Diese Tradition hat Wergin in den letzten zwei Jahrzehnten weiter intensiviert, sodass inzwischen mehr als 30 Kunstwerke entstanden sind. Jedes dieser Werke misst 20 x 20 cm und kann bis zu 2.000 Schneckenhäuser enthalten, die jeweils nur etwa zwei Millimeter groß sind. Wergin sieht sich in der Tradition der Volkskunst, die in der DDR populär war, und strebt an, seine Leidenschaft und die Verbindung zur Heimat durch seine Werke weiterzugeben.
Die Kunst der Schnecken
Jedes Kunstwerk benötigt etwa 60 Stunden und wird oft über einen Zeitraum von ein bis zwei Monaten vollendet. Wergin arbeitet fast täglich an seinen Kreationen, die Motive wie Blumen, maritime Szenen oder sogar das Wappen seiner Heimatgemeinde beinhalten. Diese Stücke sind nicht nur einfach dekorativ – sie sind Ausdruck einer tiefen Verbundenheit mit der Natur und der Region. Zum Beispiel findet Wergin im Frühjahr, nach Stürmen, viele Schneckenhäuser, die durch die Ostsee oder Flüsse angespült werden, und bringt diese in seinen kreativen Prozess ein. Als Malgrund verwendet er Filz, der eine perfekte Grundlage für die kleinen Kunstwerke bietet.
In seinem Arbeitszimmer lagern tausende Gehäuse von Land- und Süßwasserschnecken, sowie einige Muscheln. Wergin hat sein Wissen über verschiedene Schneckenarten von Dr. Michael Zettler vom Leibniz-Institut für Ostseeforschung ergänzt, was ihm ermöglicht, noch fundierter mit seinen Materialien zu arbeiten.
Öffentliche Ausstellung und Workshops
Seit Anfang März 2025 sind seine Werke nun erstmals öffentlich im Bürgersaal seiner Gemeinde zu bestaunen. Die Ausstellung mit rund 30 Bildern und Mosaiken trägt den Titel „Schätze meiner Heimat künstlerisch in Szene gesetzt“. Diese Veranstaltung umfasst nicht nur die Präsentation der Kunstwerke, sondern auch die Möglichkeit für Interessierte, am 2. März an einem kostenlosen Workshop teilzunehmen, bei dem Wergin seine Techniken und den kreativen Prozess erläutert. Diese Initiative zielt darauf ab, andere zu inspirieren und sie möglicherweise dazu zu bewegen, sich ebenfalls mit dieser kreativen Kunstform zu beschäftigen.
Wergin, gelernter Funkmechaniker und qualifizierter Hafenmeister, hat eine vielseitige berufliche Laufbahn hinter sich. Neben seiner künstlerischen Tätigkeit leitet er die Mönkebuder Musikanten und spielt leidenschaftlich Blasmusik. Die Verbindung von Kunst, Handwerk und regionaler Tradition bringt ihn in eine einzigartige Stellung, die an die Prinzipien der Volkskunst anknüpft. Die Volkskunst, auch Heimatkunst genannt, ist handwerkliche Produktion, die traditionell ohne formale Ausbildung in Familien weitergegeben wurde und Ausdruck lokaler Identität ist.
So fungiert Wergins Kunst nicht nur als Quelle der Inspiration, sondern auch als ein Teil des kulturellen Erbes, das sowohl in der Geschichte als auch in der Gegenwart lebendig bleibt. Durch seine Werke möchte Wergin die kulturellen Wurzeln seiner Region bewahren und eine Plattform bieten, auf der die Schönheit der Natur und die Kreativität des Menschen zusammenkommen. Gemeinsam mit seiner Gemeinde und interessierten Besuchern der Ausstellung hebt er das Potenzial der Volkskunst hervor, das auch in der heutigen Zeit wichtig und relevant bleibt.