
Thüringen hat im Jahr 2024 den Abschiebehaftplatz in Ingelheim deutlich häufiger genutzt als in den Vorjahren. Laut Informationen von Tag24 war der Platz, den Thüringen angemietet hat, an 378 Tagen belegt. Im Vergleich dazu war die Belegung im Jahr 2022 mit nur 185 Tagen eher gering, während es 2023 bereits 224 Tage waren. Der drastische Anstieg der Nutzung des Abschiebehaftplatzes spiegelt sich in der gesamtpolitischen Haltung Thüringens gegenüber ausreisepflichtigen Ausländern wider.
Aktuell ist Thüringen nicht im Besitz eigener Abschiebehaftplätze. Dies könnte sich in naher Zukunft ändern, da die Thüringer Brombeer-Koalition plant, entsprechende Einrichtungen im Freistaat zu schaffen. Im Koalitionsvertrag der Regierung wird die Förderung der Einwanderung von Fachkräften sowie die Beschleunigung der Asylverfahren thematisiert. Gleichzeitig wird die konsequente Durchsetzung des Ausweisungsinteresses bei straffälligen Ausländern betont.
Rechtswidrige Haftfälle und kritische Stimmen
Die Abschiebehaft in Ingelheim steht jedoch in der Kritik. Eine Erhebung von Zeit zeigt, dass 46 Personen, die im Jahr 2023 in Ingelheim inhaftiert waren, rechtliche Unterstützung von Caritas erhielten. Davon wurden 21 Personen aufgrund fehlerhafter Haftbeschlüsse aus der Haft entlassen. In insgesamt acht der 25 Abschiebefälle wurde die Haft nachträglich gerichtlich für rechtswidrig erklärt. Dies wirft grundlegende Fragen über die Rechtsgrundlage und die Handhabung der Abschiebehaft auf.
Caritas kritisiert, dass viele der betroffenen Personen keine Straftäter sind und dringend angemessene Haftbedingungen benötigen. Nicola Adick, die Direktorin von Caritas, fordert die Schaffung einer eigenständigen Rechtsgrundlage für die Abschiebehaft in Rheinland-Pfalz. Das Integrationsministerium in Mainz plant derzeit ein rheinland-pfälzisches Abschiebehaft-Vollzugsgesetz, um diese Fragen zu klären.
Allgemeine Informationen zur Abschiebehaft
Die Abschiebehaft dient dem Freiheitsentzug von Ausländern zur Sicherstellung ihrer Abschiebung. Dies geschieht in der Regel nach einer Ablehnung eines Asylantrags und wenn keine Aufenthaltsgenehmigung oder Duldung vorliegt. Laut Anwalt.org lässt sich die Abschiebehaft in zwei Kategorien unterteilen: Vorbereitungshaft und Sicherungshaft. Während die Vorbereitungshaft maximal sechs Wochen dauern kann, wird die Sicherungshaft angewendet, wenn der Ausländer ausreisepflichtig ist und sich der Abschiebung entziehen könnte. Diese kann, je nach Situation, bis zu sechs Monate betragen und in bestimmten Fällen sogar auf bis zu zwölf Monate verlängert werden.
Obwohl die Abschiebehaft keine Strafe darstellt, wird oft auf die unzureichende soziale Unterstützung sowie auf das Fehlen von Dolmetschern in den Einrichtungen hingewiesen. Dies führt zu einem Mangel an Informationen und Unterstützung für die Betroffenen, was die Situation zusätzlich erschwert.