
In Thüringen wird das Handwerk der Schornsteinfegermeister zunehmend durch einen Mangel an verfügbaren Fachkräften belastet. Marco Beierlein, selbst Schornsteinfegermeister und Betreiber eines eigenen Unternehmens in Neustadt an der Orla, warnt vor der angespannten Situation in seiner Branche. Der Meister hat vor knapp 30 Jahren seinen Bezirk übernommen und erlebt nun, wie in Thüringen von insgesamt 200 Kehrbezirken 16 unbesetzt bleiben, was erhebliche Auswirkungen auf die Kundenbetreuung hat. Dies bedeutet, dass andere Firmen die unbesetzten Bezirke vertreten müssen, was die Arbeit noch komplexer macht, da jeder Kreis in der Regel von mehreren Betrieben betreut wird, die Prüfungen und Dokumentationen durchführen müssen.
In mehreren Regionen, wie Gera, dem Wartburgkreis und dem Kyffhäuserkreis, fehlt es an Meisterbetrieben. Der Schornsteinfegerberuf unterliegt klaren Regelungen; die Meisterpflicht besteht in dieser Branche, was bedeutet, dass nur ausgebildete und geprüfte Meister selbstständig arbeiten dürfen. Doch trotz der eigenen Schwierigkeiten sieht Beierlein auch einen Lichtblick: „Es gibt ausreichend Nachwuchs in der Branche“, bemerkt er. Allerdings bleiben viele frisch Ausgebildete nicht in der Selbstständigkeit, was für die Branche eine Herausforderung darstellt.
Herausforderungen der Selbstständigkeit
Eine Gründung im Schornsteinfeger-Handwerk erfordert eine umfassende Planung und die Berücksichtigung finanzieller Aspekte. Hierzu zählen unter anderem die Anschaffung eines Firmenautos, die Einstellung von Angestellten sowie die notwendige Büroinfrastruktur. Beierlein sieht die sozialen Sicherheitsaspekte sowie ein sicheres Gehalt als entscheidende Faktoren, warum viele Handwerker zögern, einen eigenen Betrieb zu gründen. Die Unsicherheit wird weiter verstärkt durch die Tatsache, dass jeder Bezirk nach sieben Jahren neu ausgeschrieben wird, was zusätzlichen Druck auf die Handwerker ausübt.
Die Meisterpflicht, die seit Anfang 2020 in 12 Handwerksberufen wieder in Kraft ist, betrifft zwar nicht direkt die Schornsteinfeger, doch ist sie ein wichtiges Thema im Kontext der handwerklichen Ausbildung. Der Meisterbrief gilt als Voraussetzung zur Gründung eines Handwerksbetriebs und wurde historisch bereits 1935 eingeführt. Die Wiedereinführung der Pflicht ist in vielen Kreisen umstritten. Kritiker argumentieren, dass diese Regelung die Anzahl der Betriebsgründungen im Handwerk eher verringert.
Gesellschaftliche Verantwortung und Vertrauen
Für Beierlein ist das Vertrauen zwischen Schornsteinfegern und ihren Kunden von zentraler Bedeutung. Als Verwaltungsperson in einem Handwerk, das auch mit sicherheitsrelevanten Aspekten zu tun hat, sieht er die Verantwortung, die mit seinem Beruf einhergeht. Hierbei ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Kunden wissen, dass sie von qualifizierten Fachleuten betreut werden, die sich um ihre Sicherheit kümmern.
Beierlein hat seinen Bezirk von seinem Vater übernommen und konnte ihn erfolgreich weiterführen. Doch die Herausforderungen in diesem Handwerk machen deutlich, dass es dringend Lösungen benötigt, um die lückenhafte Versorgung in vielen Gegenden zu verbessern. Zudem bleibt zu hoffen, dass die Ergebnisse der Maßnahmen zur Stärkung des Meisterbriefs auch in anderen handwerklichen Berufen langfristig positive Effekte zeigen werden, um den Berufsnachwuchs zu sichern und den Mangel an Fachkräften zu reduzieren.