
Am 27. Februar 2025 demonstrierten rund 100 Menschen im Berliner Stadtteil Wilmersdorf gegen eine Veranstaltung mit Martin Sellner, dem ehemaligen Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich. Die Protestierenden, die überwiegend dem linken Spektrum zugerechnet wurden, versammelten sich vor einem Restaurant nahe dem U-Bahnhof Güntzelstraße, wo Sellner eine Lesung aus seinem Buch „Remigration“ abhalten sollte, berichtet rbb24.
Bereits vor dem Eintreffen der Polizei wurde laut Angaben der Teilnehmer ein starker Einsatz von Pfefferspray ins Restaurant gesprüht, was die Polizei zunächst nicht bestätigte. Dennoch gelang es den Einsatzkräften, die beiden Lager voneinander fernzuhalten, um eine Eskalation zu verhindern.
Kontroverser Begriff „Remigration“
Der Terminus „Remigration“ ist in der rechtsextremen Szene stark umstritten und wird oft als Vorwand genutzt, um Ausländer, insbesondere Menschen mit Migrationshintergrund, zur Ausreise zu bewegen. Wissenschaftler*innen, wie die Sprachwissenschaftlerin Marlies Whitehouse, kritisieren, dass der Begriff eine problematische Färbung hat. Zsolt Balkanyi-Guery, Präsident der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus, bezeichnet „Remigration“ als verschleiernden Begriff für Zwangsrückführungen. Sellner selbst äußerte im Rahmen mehrerer Veranstaltungen die Auffassung, dass Remigration die „Lösung“ für den angeblichen Bevölkerungsaustausch sei, was alarmierende Reaktionen auslöste, so 20min.ch.
Sellner spricht häufig bei rechten Treffen und besuchte zuletzt verschiedene deutsche Städte, um aus seinem Buch zu lesen. Im November 2023 sprach er bei einem Treffen in Potsdam, das bundesweite Proteste gegen rechtsextreme Ideologien auslöste, und an dem auch Politiker von AfD, CDU und der Werteunion teilnahmen. Diese Entwicklungen zeigen, wie demokratiefeindliche Strömungen sogar in traditionellen Parteien Einzug halten.
Gesellschaftliche Relevanz und Reaktionen
Der deutsche Verfassungsschutz beobachtet die von Sellner propagierten Narrative, die häufig von der Vorstellung eines „großen Austauschs“ geprägt sind, als gefährlich. Diese Ideologien tragen zur Marginalisierung von migrantisch gelesenen Menschen bei, welche für soziale Probleme verantwortlich gemacht werden. Wissenschaftler*innen haben sich besorgt über die steigende Normalisierung von extrem rechten Denkweisen geäußert, die die Grundlagen der sozialen Gerechtigkeit und der Menschenrechte untergraben, wie sie im Bericht des Rats für Migration aufgeführt sind.
Die Vortragenden betonten, dass es erforderlich ist, Schutzräume für von Rassismus betroffene Menschen zu schaffen und politische Bildung zu fördern, um solchen extremen Ideologien entgegenzuwirken. Auch die Verabschiedung von Gesetzen wie dem Demokratiefördergesetz und Antidiskriminierungsgesetzen wurde als dringend notwendig erachtet, um rechtlichen Schutz zu gewährleisten.
Inmitten dieser angespannten Debatte bleibt die Gesellschaft gefordert, sich aktiv gegen extrem rechte und rassistische Ideologien zu positionieren und eine inklusive, plurale Gesellschaft zu fördern, die sich für die Rechte aller Menschen einsetzt.